“Die Systeme erkennen bislang vor allem das geruchlose Kohlenmonoxid und Stickoxide”, berichtet Weimar, der mit seinem Team selbst vor einigen Jahren ein solches System entwickelt hat. Die elektronischen Nasen für die Fahrzeuge sind etwa so groß wie eine Filmdose und sitzen direkt unter der Verkleidung im Lüftungssystem. “Die Sensoren werden ständig weiter entwickelt, um etwa auch bei Jauchegeruch die Frischluftzufuhr zur Klimaanlage zu verriegeln”, berichtet Weimar. Dies gestaltet sich bislang noch als schwierig. Die elektronischen Nasen reagieren im Vergleich zur menschlichen Nase erheblich unempfindlicher auf penetrante Landluft.
Schädliche Auto- oder auch Fabrikabgase können dagegen gut erkannt werden. Dazu arbeitet die elektronische Nase nach mehreren Erkennungsprinzipien: Grundbaustein ist ein dünnes Plättchen. Im Normalzustand ist er von vielen Sauerstoffteilchen belegt. Gelangt aber beispielsweise ein Kohlenmonoxidteilchen an dessen Oberfläche und schiebt dabei ein Sauerstoff-Teilchen zur Seite, so ändern sich je nach Material des Plättchens viele Eigenschaften: die Leitfähigkeit; das Gewicht, das auf ihm lastet; die Temperatur um nur einige zu nennen.
Je mehr Eigenschaften sich verändern und erfasst werden, desto verlässlicher arbeitet die elektronische Nase. Ein winziger Prozessor verbunden mit dem Plättchen sorgt dafür, dass die Lüftungsklappe tatsächlich schließt, wenn das Auto im dichten Verkehr an der Ampel steht.
Auf den ersten Blick scheint die elektronische Nase dem menschlichen Organ überlegen, weil sie sogar geruchlose Gase wie Kohlenmonoxid erfasst. Dennoch warnt Weimar davor, die technische Errungenschaft mit dem menschlichen Organ zu vergleichen. Die biologische Nase sei erheblich komplexer und im Verbund mit dem Gehirn liefert sie unmittelbar ein Urteil. Elektronische Nasen müssen in mühseliger Kleinarbeit von ihren Erfindern darauf trainiert werden, was ein annehmbarer Geruch ist.
Daran arbeitet derzeit beispielsweise die Lebensmittelchemikerin Ilona Koronczi gemeinsam mit dem Forschungszentrum Karlsruhe. Sie trainiert elektronische Nasen darauf, zu erkennen, wann Brötchen in einem Ofen knusprig braun sind. Der Ofen soll dann abschalten oder einen Alarm auslösen. “Vorerst ist die Anwendung für Industriebacköfen gedacht, da hier nach standardisierten Rezepten gebacken wird”, erläutert Koronczi. Dagegen wechseln im Haushaltsbackofen häufig Rezepte und Zutaten. Die elektronische Nase müsste laufend neu trainiert werden.
“Wir konnten bereits an einem Toaster demonstrieren, dass die Idee funktioniert”, so die Wissenschaftlerin. Das fertige Brötchen oder der fertige Toast sind durch ein Muster von 38 Daten definiert. So wie ein Schlüssel nur passt, wenn alle Zacken richtig sitzen, ist die Backware nur vollendet, wenn alle 38 Daten dem einmal ermittelten, optimalen Muster entsprechen.
In den kommenden Monaten testen die Karlsruher Forscher nun, ob die Urteilskraft der Nase auch Störungen Stand hält. Etwa wenn Marmeladenreste auf dem Backblech kleben oder liegen gebliebene Brotkrumen darauf allmählich verkohlen. “Je weniger die Umgebungsbedingungen schwanken, desto einfacher ist es, die elektronische Nase verlässlich zu machen”, resümiert Koronczi. In der gerade gegründeten Firma Sysca AG will das Team des Forschungszentrums Karlsruhe nun die elektronische Nase vermarkten. Ein Abnehmer könnten große Bäckereien sein.