Der erste Transistor, 1947 im Bell-Forschungslabor in New Jersey erfunden, war noch fingernagelgroß. Anfang der sechziger Jahre schrumpften Transistoren auf die Größe eines Salzkorns. 1958 gab es die ersten Chips, kleine Plättchen aus dem Halbleitermaterial Silizium, auf denen die Transistoren fest in Schaltkreise integriert wurden. 1970 fanden auf einem Chip 50 Transistoren Platz, ein Jahrzehnt später bereits 100000. Heute sind es einige zehn Millionen, und in wenigen Jahren werden es Milliarden sein.
Gordon Moore, einer der Gründer der Firma Intel, hatte in den siebziger Jahren daraus ein Gesetz abgeleitet: Alle zwei Jahre, so das Mooresche Gesetz, verdoppelt sich die Zahl der Transistoren auf einem Chip. Mittlerweile liegt die Verdopplungszeit sogar bei 18 Monaten.
Die kleinsten Schaltelemente sind heute einen viertel Mikrometer breit. Siemens-Forschungschef Prof. Claus Weyrich meint, daß sich die herkömmliche Siliziumtechnik noch bis 0,05 Mikrometer verfeinern läßt. Damit wäre die Entwicklung im Nanobereich angelangt, wo man in milliardstel Metern mißt. “Jeder Quadratzentimeter eines Chips enthielte dann zehn Milliarden Schaltelemente”, so Weyrich. “Das entspricht bei den Arbeitsspeichern der 64-Gigabit-Generation.”
Dies könnte um 2010 erreicht sein. Ein PC wäre dann 1000mal leistungsfähiger als heute und könnte auf die Größe einer Scheckkarte schrumpfen. Ein Speicherchip nähme den Inhalt von 15000 Taschenbüchern auf.
Vielleicht, so spekulierten jüngst Forscher von Texas Instruments, lassen sich integrierte Schaltkreise auch biologisch herstellen. Vorbild ist die Proteinsynthese: Dabei bauen Enzyme aus einem Vorrat verschiedener Moleküle, die in jeder Zelle vorhanden sind, lange Proteinketten auf. Wird die Kette länger, faltet sie sich in komplizierte Windungen, an denen später biochemische Reaktionen ablaufen. Der Bauplan für diese Kette ist auf dem Erbgut-Molekül DNA gespeichert. Ziel ist es, diesen Prozeß so zu steuern, daß am Ende molekulare Schaltkreise entstehen. Man gibt Moleküle, Enzyme und künstliche DNA-Moleküle, die die Blaupause des gewünschten Schaltkreises tragen, in eine Lösung. Damit ließe sich die aufwendige Reinraumtechnologie durch relativ einfache und billige Kochtöpfe ersetzen.
Noch weiter gehen DNA-Computer, wo es überhaupt keine Schaltkreise mehr gibt: Organische Moleküle – “Wetware” – ersetzen die Hardware. DNA-Computer rechnen nicht mit Nullen und Einsen, sondern mit dem vierstelligen “Alphabet des Lebens”. Ein DNA-Molekül besteht aus zwei langen, miteinander verflochtenen Ketten, die aus nur vier Molekülvarianten zusammengesetzt sind: den Basen A, C, G und T. Sie wären für den DNA-Rechner das, was 0 und 1 für den Silizium-Computer sind. Ein- und Ausgabe bestünden aus DNA-Strängen, auf denen die Information als Basenfolge – zum Beispiel … TAGGCTAAATCCG … – gespeichert ist, die Rechenschritte wären biochemische Prozesse wie das Zerschneiden, Kopieren oder Zusammenfügen von DNA-Ketten.
1994 zeigte Leonard Adleman, Professor für Computerwissenschaften an der Universität von Südkalifornien in Los Angeles, daß man mit einem Reagenzglas voller DNA eine schwierige mathematische Aufgabe lösen kann: das “Problem des Handlungsreisenden”, bei dem es mittels kombinatorischer Mathematik die günstigste Route zwischen vorgegebenen Städten zu finden gilt. Kritiker meinten anfänglich, daß ein DNA-Computer nur für solche Probleme geeignet wäre. Inzwischen haben aber mehrere Forscher gezeigt, daß ein solches Gerät im Prinzip all das berechnen könnte, was auch ein Standardcomputer kann.
Das Problem des Handlungsreisenden
Leonard Adleman demonstrierte das Prinzip des DNA-Computers am Problem des Handlungsreisenden. Der Vertreter soll 7 Städte nacheinander besuchen. Startpunkt ist die Stadt 0, Ende die Stadt 6. Dabei soll er – bis auf eine Ausnahme – jeden Weg nur einmal zurücklegen. DNA-Stränge bestehen aus dem Alphabet des Lebens: den vier Basen A, T, G und C. Jeder Strang in Adlemans DNA-Suppe enthielt zehn Basen und entsprach einer der sieben Städte beziehungsweise einem der möglichen Verbindungswege, wobei ein “Wegstrang” die zwei dazugehörigen “Stadtstränge” miteinander verkleben konnte. Im Reagenzglas verbanden sich die Stränge in vielen verschiedenen Kombinationen. Um die Lösung zu finden, entfernte Adleman zunächst alle Stränge, die zu lang oder zu kurz waren, die also mehr oder weniger als 7 Städte enthielten. Dann isolierte er alle Stränge, die mit der Stadt 0 begannen und mit Stadt 6 aufhörten. Nach einigen weiteren Schritten blieben nur noch die DNA-Stränge übrig, die richtig miteinander verbunden waren.
Vorteile des DNA-Computers wären sein geringer Energieverbrauch und seine extrem hohe Speicherdichte: Ein Kubikzentimeter DNA-Suppe könnte bis zu eine Billion Gigabit speichern – ein Vielfaches aller heute auf Festplatten, CD-ROM und Magnetbändern abgelegten digitalen Daten. Zudem arbeiten biochemische Reaktionen hochparallel: Ein einziger biochemischer Prozeß kann gleichzeitig auf viele Milliarden DNA-Stränge einwirken.
Auch wenn der DNA-Computer universell rechnen kann – Adleman bezweifelt, daß er einmal den Standardcomputer ersetzen wird: “Dafür werden seit 50 Jahren Milliarden von Dollar und immense Manpower investiert.” Aber Spezialanwendungen seien denkbar, etwa die Berechnung komplexer Telefonnetze.