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Chemie-Nobelpreis geht an Protein-Forscher

Strukturbiologie

Chemie-Nobelpreis geht an Protein-Forscher
Illustration einer Proteinstruktur
Der Chemie-Nobelpreis 2024 ehrt Forscher, die maßgebliche Fortschritte bei der Aufklärung von Proteinstrukturen ermöglicht haben. © Christoph Burgstedt / iStock

Der Nobelpreis für Chemie 2024 geht an den US-Amerikaner David Baker sowie die beiden für Google tätigen Briten Demis Hassabis und John Jumper. Die Forscher entwickelten Computermodelle, mit denen sich die Struktur von Proteinen berechnen und präzise voraussagen lässt. Dadurch haben wir heute eine genaue Vorstellung vom Aussehen fast aller bekannten Proteine. Auch neuartige Proteine können mit den Methoden leicht designt werden. Baker erhält den Preis für die Kreation solcher Fantasie-Proteine, was ihm bereits einige Jahre zuvor mit einem weniger ausgereiften Computermodell gelang.

Illustration: Die 20 Aminosäuren und ihre mögliche Anordnung
Die 20 Aminosäuren und ihre mögliche Anordnung. ©Johan Jarnestad/The Royal Swedish Academy of Sciences

In unserem Körper und dem anderer Lebewesen laufen ständig komplexe biochemische Reaktionen ab. Gesteuert werden diese von Proteinen. Diese Moleküle ​​fungieren beispielsweise als Hormone, Signalstoffe und Antikörper, als Kanäle, Sensoren und Rezeptoren sowie als Bausteine ​​für Zellen und Gewebe. Aufgebaut sind Proteine dabei stets aus einer Kombination aus 20 verschiedenen Aminosäuren, die wie Perlen auf einer Kette aneinandergereiht werden. Ihre Reihenfolge bestimmt dabei das spätere Aussehen. Denn diese Ketten werden zusätzlich zu komplexen dreidimensionalen Strukturen angeordnet, die durch die Kräfte zwischen den einzelnen Aminosäuren zusammengehalten werden. Ohne diese 3D-Struktur könnten die Proteine ihre Funktion nicht erfüllen.

Proteinstrukturen aus dem Computer

Wie genau die Struktur eines Proteins aussieht, ließ sich jedoch lange Zeit nur mithilfe aufwändiger Methoden herausfinden. Dafür mussten zunächst Kristalle der Proteine erzeugt, was nicht immer gelingt, diese dann mit spektroskopischen Methoden abgetastet und die Daten umständlich interpretiert werden. Diese Methode, die Röntgenkristallografie, wurde 1962 mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet.

Die diesjährigen Nobelpreisträger haben diesen Prozess enorm beschleunigt, indem sie Computermethoden entwickelt haben, mit denen sich der Aufbau von Proteinen detailliert berechnen und vorhersagen lässt. Heute reicht es, die Aminosäuresequenz eines Proteins zu kennen, um auf seine 3D-Struktur schließen zu können.

Der Durchbruch gelang Demis Hassabis und John Jumper dabei erst vor vier Jahren. 2020 stellten sie das KI-Modell AlphaFold2 von Google DeepMind vor, das mithilfe von künstlicher Intelligenz die Struktur nahezu aller 200 Millionen bisher bekannten Proteine ​​präzise vorhersagen kann. Die Technik ist das Ergebnis eines globalen Wettbewerbs unter Forschungsgruppen, der 1994 startete und jährlich den Fortschritt der KI-Modelle aufzeigte. Die KI AlphaFold2 ist inzwischen weltweit im Einsatz, um Proteine zu entschlüsseln und daraus Rückschlüsse auf ihre Funktion ziehen zu können. „Neben einer Vielzahl wissenschaftlicher Anwendungen können Forscher nun die Antibiotikaresistenz besser verstehen und Bilder von Enzymen erstellen, die Plastik zersetzen können“, schreibt das Nobelkomitee.

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Illustration von Top7, dem ersten Fantasie-Protein, das mithilfe eines Computermodells designt und hergestellt wurde
Top7 war das erste Fantasie-Protein, das mithilfe eines Computermodells designt und hergestellt wurde. ©Terezia Kovalova/The Royal Swedish Academy of Sciences

Von Fantasie- zu Designer-Molekülen

Die zweite Hälfte des Preises geht an den Molekularbiologen David Baker, der 2003 erstmals ein neues Protein designte und kreierte – damals noch mit einem technisch weit weniger ausgereiften Computermodell. Indem er die Aminosäuren nicht nach den in der DNA kodierten Bauplänen, sondern nach einem selbst erstellten Bauplan arrangierte, schuf er eine Struktur, die es zuvor nirgends gab: das 93 Aminosäuren umfassende Protein Top7.

„Seitdem hat seine Forschungsgruppe eine fantasievolle Proteinkreation nach der anderen hervorgebracht, darunter Proteine, die als Arzneimittel, Impfstoffe, Nanomaterialien und winzige Sensoren verwendet werden können“, so das Komitee. Denn mit der richtigen Anordnung der Aminosäuren können neu kreierte Proteine jeweils eine gewünschte Funktion erfüllen. Das könnte künftig auch zu einer umweltfreundlicheren chemischen Industrie führen, bei der Designer-Proteine etwa als Katalysatoren zum Einsatz kommen.

„Proteine auf einer völlig neuen Ebene zu verstehen und zu beherrschen, darum geht es beim Nobelpreis für Chemie 2024“, fasst das Komitee zusammen.

Quelle: Nobelprize.org, Königliche Schwedische Akademie der Wissenschaften, Nobelkomitee für Chemie

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