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Blitzablenkung mittels Laser

Technik|Digitales

Blitzablenkung mittels Laser
Laser
Blitzableiter-Laser auf dem Säntis in Aktion. © TRUMPF/Martin Stollberg (info@martinstollberg.de)

Bisher sollen metallene Blitzableiter hohe Gebäude und sensible Einrichtungen vor Blitzeinschlägen schützen. Doch es geht möglicherweise auch anders, wie nun ein Experiment in den Schweizer Alpen nahelegt. In diesem haben Forscher einen gepulsten Hochleistungslaser genutzt, um Blitze von einem 124 Meter hohen Funkturm auf dem Gipfel des Säntis-Bergs abzulenken. In vier Fällen konnte das Team beobachten, dass die Laserpulse tatsächlich einen Ablenkungseffekt hatten. Die bei Gewittern auftretenden Entladungen folgten dabei einem vom Laser erzeugten Kanal ionisierter, ausgedünnter Luftmoleküle. Sollte sich dieses Verfahren in weiteren Tests bewähren, könnte dies dabei helfen, besonders gefährdete Infrastrukturen zu schützen.

Blitze gehören zu den spektakulärsten Phänomenen unseres Wetters. Mit bis zu einer Milliarde Volt springen die grellleuchtenden Entladungen zwischen Gewitterwolken oder zwischen Wolken und Erdoberfläche über. Der Blitz bahnt sich dabei seinen Weg, indem er die Luft ionisiert und sich einen wenige Millimeter dicken Blitzkanal schafft. Erst durch diese Ionisation werden die im Blitzkanal befindlichen Luftmoleküle zum Leuchten angeregt und erzeugen den für uns sichtbaren Blitz. Die elektrische Entladung heizt die Luft bis auf 30.000 Grad auf, wodurch sie sich explosionsartig ausdehnt – wir hören dies als Donner. Wie oft es in einer Region Gewitter gibt und blitzt, hängt vom Wetter und der Landschaft ab. Weltweit registrieren Satelliten aber zwischen 40 und 120 Blitze in der Sekunde. Diese bleiben nicht ohne Folgen: “Die dokumentierte Zahl der Todesfälle durch Blitztreffer liegt weit über 4000 und die materiellen Schäden werden auf Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt”, berichten Aurélien Houard von der Polytechnischen Hochschule in Paris und seine Kollegen.

Laser bahnen Blitzen einen Weg

Bisher werden Gebäude und andere gefährdete Infrastrukturen durch klassische Blitzableiter geschützt. Diese an den Dächern befestigten, geerdeten Metallspitzen liefern dem Blitz einen bevorzugten Einschlagspunkt und leiten die Ladungen in den Untergrund ab. Schon länger experimentieren Wissenschaftler aber auch mit anderen Methoden der Blitzableitung, die direkt in den Gewitterwolken ansetzen. Darunter sind kleine Raketen, die in Gewitterwolken geschossen werden und die Blitze über einen Führungsdraht sicher zur Erde lenken. Das Verfahren funktioniert zwar, ist aber aufwendig und erzeugt Abfall in Form der ausgebrannten Raketen und der Drähte. Houard und sein Team haben sich daher auf ein anderes Verfahren konzentriert: die Ablenkung von Blitzen mithilfe von starken Laserstrahlen.

Solche Laserpulse erzeugen in der Luft einen Kanal ionisierter Luftmoleküle, ein sogenanntes Filament. “Entlang dieser filamentösen Zonen wird die Luft durch die Absorption der Laserenergie rapide erhitzt und dehnt sich mit Überschallgeschwindigkeit nach außen aus”, erklären die Forscher. Dadurch bildet sich ein mehrere Millisekunden nach dem Laserpuls erhalten bleibender Kanal mit verringerter Gasdichte und erhöhter Leitfähigkeit. Er bietet den Blitzen damit den Weg des geringsten Widerstands. “Im Labor wurden durch solche laserinduzierten Filamente schon meterlange elektrische Entladungen ausgelöst und geleitet”, berichten Houard und seine Kollegen. Die Labortests zeigten auch, dass man die Laserpulse so einstellen kann, dass der von ihnen erzeugte Filamentkanal erst in bis zu einem Kilometer Entfernung von der Laserquelle beginnt – das verringert die Gefahr eines Blitzeinschlags im Ablenkungslaser.

Erste Erfolge im Praxistest

Ob diese Laser-Blitzablenkung aber auch in der Praxis und bei einem echten Gewitter funktioniert, war bislang unklar. Deshalb haben die Physiker dies im Sommer 2021 mit einem Experiment auf dem rund 2500 Meter hohen Säntis in den Schweizer Alpen getestet. Dafür transportierten sie einen Hochleistungslaser auf den Berg, der energiereiche infrarote Laserpulse mit einer Frequenz von tausend Pulsen pro Sekunde gen Himmel feuern kann. Diesen Laser richteten sie so aus, dass seine Pulse einen filamentösen Luftkanal knapp über der Spitze eines 124 Meter hohen Telekommunikations-Turms auf dem Berggipfel erzeugten. “Dieser Turm, der rund 100-mal pro Jahr vom Blitz getroffen wird, ist mit zahlreichen Sensoren ausgestattet, die Blitzentladungen, elektromagnetische Felder, Röntgenstrahlung und andere von Blitzen verursachte Strahlung registrieren können”, berichten die Wissenschaftler. Für ihr Experiment schalteten sie den Laser immer dann ein, wenn sich im Umkreis von drei Kilometern um den Turm ein Gewitter zusammenbraute.

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Während der Testzeit wurde der Turm mindestens 16-mal vom Blitz getroffen. Bei vier dieser Blitze, allesamt vom Turm aus in Richtung Wolke verlaufende Entladungen, war der Laser aktiv. Analysen ergaben, dass diese Blitze tatsächlich dem vom Laser erzeugten Kanal folgten und so von ihrem direkten Weg abgelenkt wurden. “Der Blitzschlag folgt dem Laserpfad über seine rund 50 Meter lange Strecke”, so das Team. Erst nach Ende des laserinduzierten Filaments schlug der Blitz wieder seinen natürlichen Weg ein. “Die Ergebnisse der Säntis-Experiment-Kampagne liefern erste Indizien dafür, dass die von kurzen, intensiven Laserpulsen gebildeten Filamente Blitzentladungen über beträchtliche Distanzen hinweg lenken können”, konstatieren Houard und seine Kollegen. Noch muss die Methode zwar optimiert und weiter getestet werden, dennoch sehen sie in solchen Laser-Blitzableitern eine vielversprechende Möglichkeit, in Zukunft kritische Infrastruktur wie beispielsweise Flughäfen, Kraftwerke oder Raketenstartrampen besser vor Blitzeinschlägen zu schützen. Denn anders als gängige Blitzableiter können die Laserstrahlen den Blitz schon hoch oben in der Atmosphäre umlenken.

Quelle: Aurélien Houard (Ecole Polytechnique, Paris) et al., Nature, doi: 10.1038/s41566-022-01139-z

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