Brasilien ist heute einer der größten Produzenten von Biodiesel und Ethanol-Treibstoff weltweit. Rund drei Milliarden Liter Biodiesel jährlich werden hier erzeugt, ein Großteil davon bisher aus Sojabohnenöl. Doch die Nachfrage an alternativen Treibstoffen steigt, sie soll sich weltweit in den nächsten 30 Jahren verdreifachen, so die Prognosen. Um diesem Trend folgen zu können, sollen in Brasilien zusätzliche Plantagen mit Ölpalmen für Nachschub beim Diodiesel-Rohstoff sorgen. Allerdings: Der Anbau dieser Energiepflanzen benötigt Platz – und das könnte zu Lasten des in Brasilien ohnehin zunehmend dezimierten Regenwalds gehen.
Um eine weitere Entwaldung zu verhindern, hat die brasilianische Regierung vor einigen Jahren den sogenannten Forest Code erlassen. Dieses Gesetz besagt, dass Landbesitzer mindestens 20 Prozent des Waldes auf ihren Flächen erhalten müssen. Im Amazonasgebiet liegt diese Schutzquote sogar bei bis zu 80 Prozent. Allerdings: “Bisher hat dieser Entwaldungsschutz in der Praxis kaum funktioniert, denn es fehlt an Kontrollmethoden und Sanktionen für Verstöße”, erklären Sahoko Yui und Sonia Yeh von der University of California in Davis. Viele Forscher und Naturschützer befürchten daher, dass die Ausweitung der Palmöl-Plantagen zu weiteren Waldverlusten führen wird.
Drei Landnutzungs-Szenarien im Vergleich
Was dies für die Umweltbilanz des Biodiesels bedeuten würde, haben Yui und Yeh nun am Beispiel der brasilianischen Region Pará näher untersucht. Für ihre Studie verglichen sie drei verschiedene Szenarien der Landnutzung und ermittelten mit Hilfe eines Modells die daraus resultierenden Veränderungen der Kohlendioxid-Emissionen dieser Landstriche über 30 Jahre hinweg. Alle Szenarien gingen davon aus, dass 22,5 Millionen Hektar Land in Ölpalmen-Plantagen umgewandelt wurden. Dies liefert Rohstoff für rund 110 Millionen Liter Diodiesel pro Jahr.
Im ersten Szenario wurde nur ein Drittel der neuen Plantagen auf bereits zuvor waldlosem Gebiet angelegt, die restlichen Flächen wurden eigens dafür gerodet. Im zweiten und dritten Szenario verringerte sich der Anteil dieser Rodungsflächen auf die Hälfte beziehungsweise ein knappes Drittel. Das Ergebnis war deutlich: Mit der Rodung des ursprünglichen Waldes ging auch deren Wirkung als CO2-Verbraucher verloren. Die CO2-Aufnahme der stattdessen angepflanzten Ölpalmen reichte bei weitem nicht aus, um dies wieder auszugleichen. Als Folge stieg die CO2-Freisetzung aus den gerodeten Landflächen relativ zum vorherigen Zustand an.
Klimaschädlicher als Diesel aus Erdöl
Wie die Forscher ermittelten, schlägt der Eingriff in den Kohlenstoff-Kreislauf im Szenario 1 so stark zu Buche, dass pro Megajoule produzierter Bioenergie 84 Gramm CO2 freiwerden. “Damit liegt dieser Wert schon auf dem Niveau des normalen Diesels aus fossilen Brennstoffen”, erklären die Forscher. Denn dessen CO2-Bilanz liegt nach Angaben der EU-Kommission bei rund 83 Gramm CO2 pro Megajoule. Rechnet man dann die zusätzlichen Emissionen durch Bewirtschaftung, Raffinierung, Transport und Vertrieb noch dazu, wäre Biodiesel aus solchen Plantagen erheblich klimaschädlicher als dessen Gegenpart aus Erdöl. Und das wäre selbst im Szenario 2 noch der Fall, bei dem nur rund die Hälfte der Landfläche für die Plantage gerodet wird.
Das Fazit der Forscher: Biodiesel aus Palmöl ist nicht per se klimafreundlich. Je nach Landnutzung und Effektivität von Waldschutzmaßnahmen kann gerade die Ausweitung des Ölpalmen-Anbaus zusätzliche Treibhausgase freisetzen. Yui und Yeh haben in ihrer Studie zudem nur die Folgen für die CO2-Bilanz der Landflächen betrachtet. Die ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen einer Umwandlung von Wald und andere natürlichen Biotopen in Palmöl-Plantagen kommen noch hinzu. Diese Folgen lassen sich nach Ansicht der Forscher zumindest zum Teil vermeiden, wenn Biodiesel-Rohstoffe künftig nur auf ohnehin schon landwirtschaftlich genutzten Flächen angebaut werden.