Kleine schwimmende Plastikplättchen helfen US-Forschern, das Zusammenspiel und die Bewegungsmuster von Systemen wie Ameisenstaaten oder Fischschwärmen zu verstehen. Die nur fingernagelgroßen, sichelförmigen Plättchen besitzen nur wenige markante Eigenschaften wie das Anziehen und Abstoßen anderer Plättchen an bestimmten Stellen oder das Schwimmen im Kreis. Doch im Zusammenspiel mit benachbarten Plättchen ergeben sich unerwartete Kombinationen und neue Eigenschaften, so die Forscher. Deshalb ist das schwimmende System auch für die moderne Technik interessant, etwa für Roboter, Mikromaschinen oder elektronische Schaltkreise, deren Einzelteile sich automatisch zusammenfinden und zusammenfügen sollen.
Ein Modellsystem wie die selbstangetriebenen Plastikplättchen geben eine natürliche Gruppendynamik besser wieder als eine Computersimulation, erklären George Whitesides und seine Kollegen von der
Harvard University. So statteten sie die Plättchen mit bestimmten Eigenschaften aus. An sich wasserabstoßend, gruppieren sich schwimmende Nachbarn locker zusammen. Doch chemische Behandlung einiger Seiten sorgt dort für ein gegenseitiges Abstoßen, schreibt das Team im Fachblatt “Angewandte Chemie International Edition”.
Unter einer Ecke sitzt ein kleines Stück platinbeschichteten Glases, das die Plättchen auf einer Wasserstoffperoxidlösung in Bewegung setzt: Wie ein Katalysator spaltet das Platin das Wasserstoffperoxid, Sauerstoffbläschen werden frei und schieben die Plättchen über die Oberfläche. Dabei erreichen sie eine Geschwindigkeit von bis zu zwei Zentimetern pro Sekunde, mehrere Stunden lang, und ziehen ihre Antriebsenergie direkt aus ihrer Umgebung.
Wegen des seitlich sitzenden Antriebs kann jedes Plättchen nur in eine Kreisrichtung schwimmen. “Kleben” zwei Plättchen mit gleicher Rotation zusammen, bewegen sie sich gemeinsam im Kreis. Finden sich aber zwei mit entgegengesetzter Rotation, so heben sich beide auf und das Paar schwimmt in gerader Linie. So ergibt sich bereits aus einem simplen System eine neue Eigenschaft, so die Forscher: “Wir glauben, dass Anordnungen von zehn bis hunderten von Komponenten wesentlich mehr komplexes Verhalten zeigen können”.
Dörte Sasse