Das Unternehmen wünschte sich eine sehr feste und hitzeresistente Faser mit geringem Gewicht von der Chemikerin. Sie machte sich mit Verve an die Arbeit und synthetisierte im Labor bald ein vielversprechendes Produkt. Nur ließ es sich leider nicht schmelzen. Es musste aber irgendwie in flüssige Form gebracht werden, damit man verspinnbare Fasern daraus gewinnen konnte. Die Chemikerin gab ein Lösungsmittel zu dem neuen Polymer. Doch die resultierende Lösung sah komisch aus: nicht dickflüssig und durchsichtig-klar, wie das bei anderen gelösten Polymeren der Fall ist, sondern wolkig-trüb und dünnflüssig – wie stark verwässerte Buttermilch.
Als sie mit dieser seltsamen Suppe in der Versuchsspinnerei aufkreuzte, holte sie sich eine Abfuhr. “Nicht in meiner Spinnmaschine!”, wehrte sich der Kollege. Es sei doch klar, dass die Trübung von irgendwelchen Feststoffpartikeln komme. Diese Verunreinigung würde todsicher die nur wenige hundertstel Millimeter messenden Spinndüsen verstopfen. Auf keinen Fall!
Robuste Faser
Die Chemikerin versuchte die undurchsichtige Lösung zu filtern – aber die enthielt keinerlei Feststoffteilchen. Die Trübung kam ausschließlich von dem gelösten Polymer selbst, offenbar etwas völlig Neuartiges. Wieder und wieder trat sie den Weg in die hauseigene Spinnerei an, und irgendwann hatte sie den Verantwortlichen überredet. Die Flüssigkeit durfte in die Maschine. Anstandslos spieen die Düsen eine Faser aus.
Sie war etwas Besonderes: Trotz des geringen Gewichts fünf Mal zugfester als Stahl, enorm beständig gegen Hitze und Chemikalien, flammfest und formstabil. Die Anwendungen ließen freilich noch Jahre auf sich warten, die Massenherstellung solcher Fasern war Neuland. Das mit Abstand bekannteste Erzeugnis – eine Art Kleidungsstück – hat schon viele Leben gerettet. Die Entdeckerin ist übrigens 2014 verstorben.
Wer ist gesucht?
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