Ein Ökosystem ist stabil, wenn die einzelnen Elemente, Tiere und Pflanzen, der Rhythmus von Werden und Vergehen im Gleichgewicht bleiben. Aber kann das in der Landwirtschaft gelten? Die meisten Landwirte würden das wohl verneinen: Nein, das geht nicht. Landwirtschaft ist heute die fabrikmäßige Produktion tierischer und pflanzlicher Rohstoffe. Der Mensch lenkt, Natur ist allenfalls lästig.
Vielleicht braucht es gerade deshalb Menschen, die zeigen wollen: Es geht doch. Menschen wie Molly und John Chester. In dem Film „Unsere große kleine Farm“ laden sie den Zuschauer ein, Zeuge ihres ganz persönlichen Experiments zu werden.
Die beiden – Köchin und Kameramann – haben mit gesammeltem Geld eine alte Farm mit 80 Hektar Grund im Umland von Los Angeles erworben. Doch die Farm ist ein trostloser Ort, eher vertrocknetes Requisit aus einer dystopischen Fantasie als Paradies. Die Obstbäume weitgehend vertrocknet, der Boden ausgelaugt und hart wie Beton. Auch das Wasserreservoir der Farm liegt so traurig da, dass man die beiden bemitleidet und sich nicht vorstellen kann, was sie überhaupt hier wollen, als Kakteen züchten. Nur ihr Hund Todd scheint seinen uneingeschränkten Spaß zu haben.
Aber sie sind ebenso unbedarft wie optimistisch und bekommen Hilfe von Alan York, einer festen Größe in der ökologischen Landwirtschaft. Ein Mann, der unkonventionell und zutiefst vernetzt denkt. Er wird zum Lehrer, zum Mentor, zum Freund. Er gibt die Richtung vor, hat Ideen und erklärt, dass es auch in einem menschengemachten Ökosystem nur mit der Natur geht. Niemals gegen sie.
Und so wird umgegraben, da weichen die Avocado- und Zitronenbäume des Vorbesitzers einer Vielfalt Dutzender Obstsorten. Den Boden erwecken sie mit Kompost zu neuem Leben.
Die beiden sind natürlich nicht allein; an ihrer Seite arbeiten zwei Landarbeiter und eine Schar Freiwilliger aus aller Welt. Genauso bunt ist auch die Schar der Tiere, die auf der Farm leben: Kühe, Hühner, das Schwein Emma und zahllose Wildtiere, die mal Scherereien machen, mal zu Verbündeten werden.
Im Film herrscht nicht nur eitel Sonnenschein; es ist ein Kampf gegen Dürre, gegen Überschwemmungen, gegen Schnecken, Vögel, Kojoten. Doch die beiden und ihre Helfer finden immer wieder Lösungen: Enten fressen Schnecken, Kojoten Mäuse, Greifvögel dezimieren Vögel, die an Obst picken. Nach Jahren hat sich auf der Farm ein Gleichgewicht eingestellt.
Der Film erzählt eine Geschichte, die Mut macht. Sicher keine Blaupause für die ganze Landwirtschaft, aber sie beweist, dass vieles machbar ist, wenn man nur die Zusammenhänge erkennt. Leider fallen Landwirte immer noch auf das Märchen der Industrie herein, dass Landwirtschaft nur in immer größeren Maßstäben, mit immer größeren Maschinen und immer mehr Chemie funktioniert. Molly und John Chester zeigen, dass es auch anders geht. Anschauen. Peter Laufmann
John Chester (Regie)
Unsere große kleine Farm
Prokino. 91 Minuten, ab 11. Juli im Kino