Wissen Sie, wie ein Reißverschluss funktioniert? Oder eine Toilettenspülung? Es könnte sein, dass Sie es so ungefähr wissen – und dass Sie glauben, es genauer zu wissen, als Sie es tatsächlich wissen. Darum geht es in dem Buch der beiden amerikanischen Kognitionswissenschaftler Steven Sloman, Philip Fernbach: was wir wissen, was wir zu wissen glauben – und die erstaunlich große Diskrepanz dazwischen.
Damit passt das Buch zu einer Entwicklung, die schon seit ein paar Jahrzehnten zu beobachten ist: die Demontage der Vorstellung vom Menschen als rationales Individuum, die in der Aufklärung entstand und bis ins 20. Jahrhundert das Menschenbild in der westlichen Kultur prägte. Seitdem belegen Verhaltensökonomen und Evolutionspsychologen immer wieder aufs Neue, wie irrational und manchmal dumm auch gebildete Menschen denken und handeln.
Sloman und Fernbach heben diese Rationalismuskritik auf eine neue Ebene. Sie argumentieren, dass Wissen etwas Gemeinschaftliches sei – etwas, das zwischen Menschen entsteht, nicht im einzelnen Menschen. Wissen bedeutet nicht, Informationen zu speichern und abzurufen, sondern Zusammenhänge zu sehen. Und die Autoren kritisieren nicht nur – sie diskutieren auch, was ihr Wissensbegriff für die Schulbildung von heute bedeutet und für politische Entscheidungen. Wer das Buch liest, könnte hinterher um eine Illusion ärmer sein, sicher aber ist er um fundiertes Wissen reicher.
Steven Sloman, Philip Fernbach
Wir denken, also bin ich
Beltz, 258 S., € 22,95 ISBN 978–3–407–86558–8