Sich an Träume zu erinnern, sagt Till Roenneberg, sei ein „Aufwachunfall“. Das Gehirn sei dann nicht fertig damit geworden, Ereignisse des Vortags zu sortieren, zu speichern und zu löschen – eine wesentliche Funktion des Schlafs. Wenn man in dieser „Aufräumphase“ erwache, konstruiere das Gehirn aus Gedankenfetzen oft wilde Geschichten.
Das ist nur eine von vielen spannenden Erkenntnissen, die Roenneberg seinen Lesern im Plauderton vermittelt. Der Professor für Medizinische Psychologie an der LMU München ist der bekannteste Schlafforscher Europas. Er selbst zählt sich zu den „Eulen“ – Menschen, die im Gegensatz zum „Lerchen“- Typ eher nachtaktiv sind und morgens spät munter werden. Aber nicht nur aus Egoismus plädiert er für eine Gesellschaft, die bei Arbeit und Lernen mehr Rücksicht nimmt auf die innere Uhr. Beifall wird er von Schülern bekommen, weil er dafür eintritt, den Unterricht morgens generell nicht vor 9 Uhr beginnen zu lassen. In der Wachstumsphase würde das Gehirn die Verschiebung des Schlafrhythmus mit mehr Lernerfolg belohnen.
Heftig angegriffen wurde er dagegen von Freunden der Sommerzeit, weil er die dauerhafte Rückkehr zur Normalzeit („Winterzeit“) fordert. Die Argumente dafür lieferte er in einem Zehn-Punkte-Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Demnach ist die Winterzeit das fundamentale biologische System, an das sich alle unsere Körperfunktionen im Lauf der Evolution angepasst haben, und sie wird über das Licht eingestellt, über den Sonnenaufgang. Jürgen Nakott
Till Roenneberg
DAS RECHT AUF SCHLAF
dtv, 272 S., € 20,–
ISBN 978–3–423–28178–2
E-Book für € 17,99, ISBN 978–3–423–43564–2