Die wahre Geschichte
Schon nach wenigen Seiten hat der Religionsforscher und Ethnologe Thomas Hauschild alle gängigen Vorstellungen vom vermeintlichen Fest des Konsumierens und seinem christlichen Charakter erschüttert. Demnach können Muslime bedenkenlos mitfeiern und sich darüber wundern, warum manche Christen in Schule und Kindergarten um ihretwillen auf dieses Fest verzichten wollen. Fest steht: Der Weihnachtsgedanke widerspricht völlig dem Kommerz. Es soll geschenkt werden, ohne Wert und Gegengabe zu kalkulieren. Indem der Weihnachtsmann die Geschenke bringt und nicht die Eltern, sind die Kinder von dem Problem befreit, die Schulden zurückzahlen zu müssen. Grund genug, dieses eigenartige Fest ethnologisch zu erforschen, fand der Professor aus Halle. Mit eindrucksvollem Ergebnis: Winterbräuche aus Russland und der Mongolei ähneln stark unserem Weihnachtsfest. Und chinesische Götter der Großzügigkeit besitzen erstaunliche Gemeinsamkeiten mit dem Weihnachtsmann sogar in der Physiognomie. Tatsächlich finden sich die hohe Stirn, der Bart, das Kindchenschema im Ausdruck seit 3000 Jahren in Darstellungen vieler euroasiatischer Gesellschaften. Hauschilds Buch ist eine Beschreibung von Ähnlichkeiten und Zusammenhängen weit voneinander entfernt entstandener Bräuche. Und es ist ein gutes Beispiel gelungener Wissenschaftsprosa für ein breites Publikum.
Michael Dallapiazza
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