Was unterscheidet den Menschen eindeutig und unstrittig von den Tieren? Wie wäre es mit: Sprache, vorausschauendes Denken, Intelligenz, tradierte Kultur? Weit gefehlt. Der Entwicklungspsychologe Thomas Suddendorf schreitet diese allzu pauschalen Merkmale gemeinsam mit den Lesern ab – und verneint eines nach dem anderen, stets gut begründet durch aktuelle Ergebnisse der Verhaltensforschung.
Was macht uns dann wirklich zu Menschen? Der renommierte Wissenschaftler von der Universität von Queensland im australischen Brisbane sieht nur zwei eklatante Besonderheiten der Spezies Homo sapiens: Erstens unsere grenzenlose Fähigkeit zur Vorstellung und Reflexion mentaler Szenarien (“was wäre, wenn”), und zweitens “unser tiefes Bedürfnis, uns über die von unserem Geist geschaffenen Szenarien mit anderen auszutauschen”.
Sich Geschehnisse vorstellen, Möglichkeiten ausloten, Dinge geistig einüben, Erwartungen entwickeln und sie überprüfen – sodann all dies anderen Menschen erzählen und deren Reaktion einbeziehen: Die Kombination dieser Merkmale hat dem Menschen seine Alleinstellung verschafft. In Jubel darüber bricht der Autor allerdings nicht aus, denn dazu hat unsere Spezies zu viel auf dem Kerbholz. Die Vernichtung der großen Menschenaffen prangert Suddendorf denn auch mit eindringlichen Worten an.