“Wieso glaubst du, die Welt wäre ohne Religion besser? Lass sie doch denen, die meinen, sie zu brauchen”, sagt ein Bonobo zu einem Atheisten und bringt es dann in einem fiktiven Gedanken – austausch auf den Punkt: “Wir beide wissen: Moral ist älter als Religion.”
In seinem Buch bezieht der Verhaltensforscher Frans de Waal Stellung im Streit zwischen zwei Denkrichtungen. Die eine behauptet: “Das Gute kommt aus der Natur.” Die andere – religiös orientierte – widerspricht: “Das Gute (die Moral) ist eine Folge menschlicher Kultur.”
Für de Waal ist klar, dass das Gute auch in vielen Tieren angelegt ist: Kooperation, Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeitsgefühl. Er belegt das nicht nur mit Beobachtungen bei unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen und Bonobos. Er findet solche Verhaltensweisen auch bei Wölfen und Walen. Der Biologe zeichnet eine evolutionäre Linie vom sozialen Verhalten im Tierreich hin zur Entwicklung abstrakter Moralvorstellungen beim Menschen. Erst am Ende hätten “verschiedene Religionen universelle menschliche Werte übernommen”.
Man brauche also keine Götter, um moralisch zu handeln. Dennoch akzeptiert de Waal den Wert der Religion für das menschliche Miteinander – solange Gottesglauben nicht in Glaubenskriege entartet. Den Anspruch vieler Ideologien, endgültige Antworten geben zu können, erhebt er dabei nicht. Stattdessen gibt er viel zu denken.