Wissensbuch des Jahres 2019 in der Kategorie Unterhaltung
„Du bist doch Psychologe“, sagt die Aktivistin im Buch von Richard Powers. „Wie überzeugen wir die Leute davon, dass wir recht haben?“ Ihr Gegenüber antwortet: „Wir können noch so gute Argumente haben, damit ändern wir die Einstellung der anderen nicht. Das Einzige, was so etwas kann, ist eine gute Geschichte.“ Und eine solche breitet der US-amerikanische Schriftsteller auf mehr als 600 Seiten aus.
Er beschreibt die Beziehung zwischen Bäumen und Menschen in einem faktenreichen Epos, aufgeladen mit Gefühl und gewürzt mit etwas Pathos. In kleinen Novellen erzählt Powers die Geschichten von neun sehr unterschiedlichen Menschen, in deren Leben Bäume eine besondere Rolle spielen. Einige davon treffen in einer Gruppe von Naturschützern aufeinander, die sich in den 1980er-Jahren zuerst friedlich und später gewalttätig gegen die Abholzung der großen Redwood-Wälder an der amerikanischen Westküste wehren. Als „Öko-Terroristen“ von den Behörden gesucht, fliehen die Gruppenmitglieder in ein „normales“ Leben zurück und verlieren sich aus den Augen – begleitet von Powers, der ihre Geschichten erzählt bis zur Gegenwart.
Der Roman wühlt auf, macht nachdenklich – und kann vielleicht sogar etwas ändern. Allerdings hat Präsident Trump vor Kurzem verkündet, er wolle mehr als die Hälfte des Regenwaldes in Alaska zum Abholzen freigeben, in Brasilien schrumpft der Amazonas-Regenwald weiter und in Deutschland verwandeln Abholzung und Aufforstung naturnahe Wälder in Baumplantagen. Das Buch von Powers wäre ein Power-Buch für Bundesministerin Julia Klöckner. Barbara Ritzert
Richard Powers
DIE WURZELN DES LEBENS
Roman
S. Fischer, 624 S., € 26,–
ISBN 978–3–10–397372–3