Im Meer gibt es schätzungsweise 10 30 Viren. Sie leben in Algen und anderen Einzellern und sind für den Menschen völlig ungefährlich. Zum Vergleich: Die Zahl der Sterne am Himmel wird auf 10 25 geschätzt, beträgt also nur ein Hunderttausendstel davon.
Das Erbgut des Menschen wiederum besteht fast zur Hälfte aus ehemaligen Viren – die meisten davon sind degenerierte Retroviren. Forscher haben gezeigt, dass man aus diesen Relikten mit ein paar Labortricks Partikel erzeugen kann, die Viren ähneln und sogar infektiös sind – eines dieser „wiedererstandenen” Viren wurde treffend „Phoenix” getauft.
Viren helfen, Krebserkrankungen zu verstehen, und sie sind Werkzeuge für die genetische Manipulation von Pflanzen. Aber die Virologie-Professorin Karin Mölling sieht entscheidend mehr in ihnen: einen Motor der Evolution, die innovative Kraft des Lebens. Und sie spekuliert, dass Viren am Anfang allen Lebens gestanden haben könnten, dass es sie vor den Zellen gab. Stammen wir alle von Viren ab?
Jahrzehntelang hat Karin Mölling in Tübingen, Berlin und Zürich an Viren geforscht und dabei einige wichtige Entdeckungen im Kleinen gemacht. Jetzt, nach ihrer Emeritierung, weitet sich ihr Blick und sie entdeckt das Reich der Viren im Großen. Dabei kommt sie aus dem Staunen nicht heraus – genau wie die Leser ihres Buchs.