Es gibt Bücher, in die man am liebsten einziehen würde – so wohl fühlt man sich beim Lesen. Man geht von Raum zu Raum, findet immer wieder Grund zum Staunen und Innehalten und beginnt unversehens nachzudenken. “Das verborgene Leben des Waldes” des US-amerikanischen Biologen David George Haskell ist ein solches Buch. “Ich glaube, dass eine Mandala große Waldfläche uns alle ökologischen Geschichten des Waldes erzählen kann”, schreibt der Autor in seinem Vorwort. Dass dies – und noch ein bisschen mehr – gelingen kann, bezeugen die 43 kurzen Essays. Haskell beschreibt darin das Leben auf nur einem Quadratmeter Waldboden in Tennessee im Jahresverlauf. Er verknüpft bei seinen Naturbeobachtungen den Mikrokosmos mit dem Makrokosmos und reichert sie mit Exkursen zu den großen Zusammenhängen der Ökologie und mit evolutionsbiologischen und philosophischen Überlegungen an.
Haskell schafft etwas, was selten ist: die Beschreibung wissenschaftlicher Einsichten über das Leben mit den Mitteln und der Kraft der Poesie. Man glaubt, die beschriebenen Pflanzen und Tiere vor sich zu sehen, man riecht die klare Winterluft im Januar, verfolgt den Tanz der Glühwürmchen in einer warmen Sommernacht und hört das raschelnde Laub im Herbst. Selten ist Lernen und Verstehen so eindrucksvoll.