In den Medien hat der Klimawandel das Artensterben in den Hintergrund gedrängt. Dabei steckt darin gewaltiger Sprengstoff, ist der US-amerikanische Biologe und Insektenforscher Edward Wilson überzeugt. Der 86-Jährige, der schon zwei Mal mit dem Pulitzer-Preis geehrt wurde, gilt als Vater der Biodiversitätsforschung und der Soziobiologie. Sein Buch ist ein engagierter Appell, die Vielfalt des Lebens zu erhalten. Um das zu erreichen, fordert er, die Hälfte der Erde unter Schutz zu stellen. Ein ehrgeiziges Ziel, denn derzeit sind nur 15 Prozent des Festlands und 3 Prozent der Ozeane als Naturschutzgebiete ausgewiesen.
Wilson wendet sich vehement gegen die aktuelle Tendenz, einen gewissen Artenschwund sowie die Einwanderung fremder Arten als Preis für eine menschengerechte Erde zu akzeptieren. Sein Argument: Weil die Wissenschaft über das Zusammenleben von Tieren und Pflanzen zu wenig weiß, kann niemand voraussagen, was das Verschwinden einer Art für andere Organismen bedeutet. Es könnte eine Lawine lostreten.
Wilsons Buch ist keine pessimistische Abrechnung – im Gegenteil, der große Biologe versucht, mit vielen Beispielen die Faszination für sein Fachgebiet zu wecken. So erzählt er von Sklavenhalter-Ameisen, die ohne fremde Hilfe nicht klar kommen, oder von Parasiten, die ihre Opfer zu ihrem Vorteil manipulieren. Wilson vertritt eine romantische Vorstellung von der Natur, die sehr sympathisch ist.