Paläontologen haben es schwer, mit Büchern auch Laien anzusprechen. Denn sie berichten über ausgestorbene Tiere mit lateinischen Namen, die sich der Vorstellung weitgehend entziehen. Doch der US-Forscher Steve Brusatte hat die Hürde dank seines Erzähltalents mit Bravour genommen. So gelingt es ihm, längst untergegangene Ökosysteme lebendig werden zu lassen. Jedes Kapitel beginnt er mit einer spannenden Geschichte, etwa über den Besuch bei einer polnischen Wissenschaftlerin, die von ihren Grabungen zur Sowjetzeit berichtet. Oder er fabuliert einen Zeitungsartikel aus der Zukunft über den Fund eines Blauwalskeletts – niemand kann sich vorstellen, dass ein so riesiges Tier jemals auf der Erde gelebt haben könnte.
Die Geschichte der Säugetiere, die hier chronologisch erzählt wird, beginnt vor rund 325 Millionen Jahren. Auf das Karbon-Zeitalter folgt das von Dinosauriern beherrschte Mesozoikum. Die Säuger, damals klein wie Ratten, waren nachtaktiv oder lebten unter der Erde. Doch machten sie gerade in dieser Zeit große evolutionäre Fortschritte. Besonders spannend wird das Buch, wenn es um Tiere geht, von denen sich jeder ein Bild machen kann, wie bei den beeindruckenden Säbelzahntigern und Mammuts der letzten Eiszeit. Natürlich geht es auch um die evolutionäre Entwicklung des Menschen. Brusatte lässt sich nie dazu verleiten, für einen Gänsehautmoment beim Leser die Seriosität zu verraten. Die Wirklichkeit ist spannend genug. Klaus Jacob
Steve Brusatte
Eine neue Geschichte der Säugetiere
Piper, 528 S., € 28,–
ISBN 978-3-492-07193-2