Anzeige
1 Monat GRATIS testen. Danach zum Jubiläumspreis weiterlesen.
Startseite »

Stärker als alle Vernunft

Bücher

Stärker als alle Vernunft

Viele Philosophen und Wissenschaftler halten uns für Vernunftwesen. Planen, Urteilen und Schlussfolgern sind augenscheinlich die Stärken, aus denen die Errungenschaften unserer Kultur hervorgegangen sind: wissenschaftliche Theorien, Staaten, Kunstwerke und Kathedralen. Gefühle kommen in diesem rationalistischen Menschenbild allenfalls als Schmuckwerk oder Störfaktor vor. Und so beginnt die Provokation im neuen Buch des portugiesischen Neurowissenschaftlers Antonio Damasio beim Titel: “Im Anfang war das Gefühl”.

Entgegen der etablierten Sichtweise argumentiert Damasio, dass Gefühle eine Schlüsselrolle in der Entstehung und Entwicklung der menschlichen Kultur spielten. Damasios zentrale Einsicht ist, dass Gefühle “mentale Erfahrungen körperlicher Zustände” sind. Sie entstehen, wenn das Gehirn Emotionen interpretiert, die ihrerseits Reaktionen des Körpers auf Reize von außen sind. Diese Differenzierung zwischen Gefühl und Emotion ist kennzeichnend für Damasios Denken. Ein Mensch beispielsweise, der bedroht wird, erlebt zunächst die Emotion Furcht, dann das Gefühl Schrecken.

Das Gefühl – nicht die Erkenntnis – verbindet uns mit der Welt. Nicht der Verstand, sondern das Gefühl ist es, was uns buchstäblich bewegt. Und auf dieser biologischen Verflechtung von Wahrnehmungen und Gefühlen gründet alle Kultur, ist Damasio überzeugt. Die Vorgeschichte dieser Einsicht begann in den 1990er-Jahren, als Damasio Patienten untersuchte, deren Gehirnverletzungen ihre Gefühle beeinträchtigte. Obwohl bei vollem Verstand, waren sie nicht mehr in der Lage, sinnvolle Entscheidungen zu treffen – ein starkes Indiz dafür, dass Gefühle kein bloßes Beiwerk des Denkens sind, sondern ein wesentlicher Bestandteil davon. Später setzte Damasio seine Studien mit den aktuellen bildgebenden Verfahren der Gehirnforschung fort.

In seinem neuen Buch spannt Damasio den Bogen von der Neurobiologie über die Psychologie bis zur Kulturgeschichte. Wer einen fundierten Einblick in das Denken eines der bedeutendsten Neurowissenschaftler unserer Zeit sucht, sollte es lesen.

Antonio Damasio
Im Anfang war das Gefühl
Siedler, München 2017, 320 S., € 26,–
ISBN 978–3–8275–0045–8
(auch als E-Book erhältlich)

Anzeige
Anzeige
Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Youtube Music
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Po|ly|kra|tie  〈f. 19〉 Staatsform, bei der es mehrere herrschende, gegeneinander konkurrierende Institutionen od. Interessensverbände gibt, kennzeichnend z. B. für den Nationalsozialismus, in dem es Machtkämpfe zwischen Parteiinstitutionen u. staatlichen Einrichtungen gab [<Poly… … mehr

Gür|tel|tier  〈n. 11; Zool.〉 Angehöriges einer Familie der Nebengelenker, an der Rückenseite mit hornigen od. verknöcherten, gürtelartig angeordneten Hautschilden versehene u. mit Grabkrallen ausgerüstete Tiere: Dasypodidae

ma|es|to|so  〈[–s–] Mus.〉 majestätisch, feierlich, würdevoll [ital.]

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige