Was treibt ein Geologe während einer wochenlangen Expedition am Rande des grönländischen Eisschilds? William E. Glassley hat darüber eine Art wissenschaftliches Tagebuch geschrieben: halb populärwissenschaftlich, halb literarisch. Der Leser erfährt, wie mühsam es ist, aus dem Gestein die geologische Vergangenheit zu rekonstruieren.
Glassley, Professor an der University of California in Davis, und seine beiden Reisegefährten finden Zeugnisse davon, dass Grönland eine sehr bewegte Geschichte hinter sich hat: Im Westen schob sich einst Meeresboden unter den Kontinent, bis der Ozean vollends verschwunden war. Anschließend stießen die beiden Kontinentalplatten gegeneinander, und ein Gebirge von der Größe des Himalaya türmte sich auf. Von all dem zeugen heute nur noch Spuren im Gestein.
Neben den wissenschaftlichen Erklärungen beschreibt Glassley die Faszination der unberührten Natur. Da taucht im Fjord plötzlich ein riesiger Wal auf, ein Wanderfalke schießt auf den verdutzten Wissenschaftler zu und eine Gletscherwand bricht tosend vor ihm ab. Sogar eine Fata Morgana narrt ihn. Einmal gerät das Wissenschaflter-Trio mit dem Schlauchboot in einen Gezeitenstrom – und die Wildnis wird lebensbedrohlich.
Glassley beschreibt mit einem romantischen Blick auf die Natur, wie ihn das Leben draußen verändert hat. Er spürt, dass er ein Teil dieser Natur ist. Und er ist überzeugt: Der Mensch braucht die Wildnis, um zu sich selbst zu finden. Naturschutz bekommt so eine sehr emotionale Begründung.
William E. Glassley
Eine wildere Zeit
Antje Kunstmann, 223 S., € 22,- ISBN 978–3–956–14258–1
E-Book für € 17,99, ISBN 978–3–956–14278–9