Jede Kultur hat ihren eigenen Schöpfungsmythos. In der jüdisch-christlichen Kultur beschreibt die Genesis, wie Gott die Welt in sieben Tagen erschuf. Doch Erzählungen vom Anfang der Dinge gibt es auch in der Wissenschaft. Die gegenwärtig populärste ist die vom Urknall, mit dem vor 13,8 Milliarden Jahren das All auf die Welt gekommen sein soll.
Guido Tonelli, Physiker am CERN, erzählt diese unglaubliche Geschichte, in der aus einer Art Vakuumzustand eine unvorstellbare Vielfalt an Sternen, Planeten und schließlich auch der Mensch hervorgegangen ist. Eine Woche wie in der Genesis hat für diese kosmische Evolution nicht ausgereicht, aber Tonelli teilt sein Buch trotzdem in sieben „Tage“ ein. Dieser Ansatz an sich ist nicht neu und von vielen Autoren zigfach praktiziert worden. Tonelli jedoch beschreibt den Urknall, die Augenblicke danach und die folgenden ersten Minuten des Universums derart fesselnd, das man das Buch nicht mehr aus der Hand legen will.
Erfreulicherweise bleibt es nicht bei der präzisen und eindringlichen Darstellung von rein physikalischen Phänomenen wie Inflation oder Symmetriebruch zwischen Materie und Antimaterie: Immer wieder bringt Tonelli uns Menschen ins Spiel, die wir über den Anfang der Welt nachdenken. Er berichtet über Sagen und Mythen und die Macht der Vorstellungskraft. Ein schönes, ein erhellendes Buch. Helmut Hornung
Guido Tonelli
GENESIS
C.H. Beck, 219 S., € 22,–
ISBN 978–3–406–74972–8