Fünf Finger und Zehen sind bei Wirbeltieren seit Millionen Jahren die Norm. Selbst bei Kühen und Pferden (Paar- und Unpaarhufern) ist das im Embryonalstadium noch so. Doch immer wieder werden Menschen mit sechs Fingern geboren. Warum, das kann die Theorie Darwins nicht beantworten, aber dieses Phänomen brachte den Philosophen Axel Lange zur Evolutionslehre. Das Resultat seiner Forschungen an der Universität Wien ist nun – 150 Jahre nach Darwin – die Zusammenfassung dessen, was die Wissenschaft in jüngster Zeit über die Mechanismen der Evolution dazugelernt hat.
Lange geht von grundlegenden Fragen aus: Wie entstand der evolutionstechnisch kaum erklärbare Schildkrötenpanzer? Welche evolutionären Folgen hat es, wenn Arten wie Biber und Termiten ihre Umwelt selbst gestalten? Und wie wird der Mensch den Prozess der Evolution mit der nobelpreisgekrönten Genschere CRISPR/Cas9 steuern?
„Knifflige Zusammenhänge“, wie der Autor sagt, lockert er mit Anekdoten über die eigene Forschung auf. Dazu stellt er Interviews mit prominenten Stimmen der Wissenschaft – der Israelin Eva Jablonka zum Beispiel, die sich mit ungelösten Problemen der Evolution von Kultur und Sprache befasst. Hochspannend zuletzt sein Ausblick auf die „Evolution nicht-biologischer Systeme“: Mit „Sophia“ wurde in Hongkong der erste menschenähnliche Roboter erschaffen, dem eine eigene Staatsbürgerschaft zuerkannt wurde. Eine Entwicklung jenseits von allem, was Darwin sich hätte vorstellen können. Jürgen Nakott
Axel Lange
EVOLUTIONSTHEORIE IM WANDEL
Springer, 431 S., € 39,99
ISBN 978–3–662–60914–9