Schmerzen, Empfindungen, Sinneswahrnehmungen – wenn man darüber bei Pflanzen spricht, ist das vor allem ein Verdienst des italienischen Botanikers Stefano Mancuso. Er forscht an der Universität Florenz über die Neurobiologie von Bäumen und Blumen, und sein Buch über „Die Intelligenz der Pflanzen“ gab Laien erstmals verblüffende Einblicke in einen ganz neuen Forschungszweig. Mit „Die unglaubliche Reise der Pflanzen“ beweist er nun auch sein Talent als unterhaltsamer Erzähler.
So beschreibt er die vielfältigen Tricks, mit denen sich die scheinbar unbeweglichen, weil im Boden verwurzelten Pflanzen über die Welt ausgebreitet haben, wie sie ferne Kontinente und abgelegene Inseln erreicht und sich durchgesetzt haben.
Mancusos Geschichten handeln von Pionieren wie der Trauerweide, deren Heimat China ist. Von einem afrikanischen Flüchtling, der schon vor 120 Jahren in Europa ankam: dem Lampenputzergras. Und von Zeitreisenden: Pflanzen wie das nelkenartige Leimkraut Silene stenophylla, dessen Samen in so robusten Überlebenskapseln stecken, dass sie noch nach Jahrtausenden wieder auskeimen können. Soeben sind Forscher dabei, Kräuter aus dem sibirischen Permafrost ins Leben zurückzuholen, von denen sich die Mammuts vor 39 000 Jahren ernährten. In diesem schmalen Bändchen ist jede Seite eine Fundgrube für Fragen-Finder von Quizzsendungen. Und die eleganten Aquarelle von Grisha Fisher machen auch den Augen Freude. Jürgen Nakott
Stefano Mancuso
DIE UNGLAUBLICHE REISE DER PFLANZEN
Klett-Cotta, 154 S., € 22,−
ISBN 978–3–608–98192–6