Sie waren die Vorfahren von Klaus Störtebeker und trugen so klingende Namen wie Odysseus und Euagoras von Zypern: die Piraten der Antike. Die Archäologin Heidrun Derks ist bei den ersten Seeräubern an Bord gegangen und hat Geschichten für ein Buch gekapert. Sie klärt auf: Seeraub gibt es, seit es Schiffe gibt.
Heute wie damals entziehen sich die Piraten des antiken Mittelmeers jedem Zugriff. Archäologisch sind sie nur in Glücksfällen fassbar – etwa anhand des Schiffswracks von Kyrenia, eines Frachtschiffs des 4. Jahrhunderts v.Chr., in dessen Bordwand Pfeilspitzen steckten.
Wer in Bibliotheken bislang nach den Piraten der Antike suchte, erlitt Schiffbruch. Nur als Fußnote der Geschichte waren sie aufzuspüren. Wohl deshalb hat Heidrun Derks einen weiträumigen Kurs eingeschlagen. Sie erzählt in dem schön gestalteten Band – der eigentlich ein Ausstellungskatalog ist – die Geschichte der Mittelmeerreiche und die Entwicklung der Schiffstechnik. Entlang der Handelsrouten an den Küsten, auf denen Reichtümer aus Obsidian, Kupfer, Zinn und Elfenbein von Palast zu Palast schipperten, waren Piraten angesichts der fetten Beute niemals weit.
“Die Grenzen waren fließend”, schreibt Derks sinnigerweise über den Unterschied zwischen Krieg und Piraterie zu Wasser. Für die Römer etwa waren die Phönizier Piraten. Die Phönizier selbst wurden von den Römern drangsaliert und hielten wiederum diese für Ganoven des Meeres. Seeräuber – das waren immer die anderen.