Zwei Geschichten, die auf den ersten Blick rein zufällig zusammenkommen: Da ist einmal der Nerd und Chemielaborant Janush Coppki. Anfang des 21. Jahrhunderts braut er eine Wunderdroge zusammen, die ihrem Konsumenten zu Schaffenskraft und Fröhlichkeit verhilft und sein Schlafbedürfnis ausknipst. Zuerst verfällt Coppki seiner Droge, dann die ganze Welt. Und da ist Jahrzehnte später sein Biograf, der in einer von dieser Droge völlig veränderten Welt versucht, Coppkis Leben aus den wenigen erhaltenen handschriftlichen Zeugnissen zu rekonstruieren.
Aus diesen beiden Handlungsfäden hat Jürgen Neffe seinen Roman gewoben, und es gibt Gründe für den Verdacht, dass in beiden Hauptfiguren etwas vom Autor selbst steckt. Wie Coppki ist Neffe Naturwissenschaftler, er hat in Biologie promoviert. Und wie Coppkis Biograf schreibt auch Neffe Lebensgeschichten: Seine Einstein-Biografie fand weltweit Beachtung.
Aber in „Mehr als wir sind” schreibt Neffe nicht nur über sich selbst. Er schreibt auch über unsere Zeit, die ihre technischen Möglichkeiten in Rastlosigkeit und Überforderung ummünzt und in der die Menschen ihre Lebensgeschichten auf Facebook selbst schreiben.
„Mehr als wir sind” ist eine Dystopie im Stil Franz Kafkas: Wie Kafka die Abgründe der Bürokratie antizipierte, so denkt Neffe die Herrschaft von Technologie und Ökonomie weiter. Die beiden Geschichten kommen also keineswegs zufällig zusammen.