Wenn man Robert Feldman glauben darf, dann lügen wir alle schockierend oft: Zwei Fremde belügen sich in einem zehnminütigen Gespräch durchschnittlich drei Mal, hat er herausgefunden. Entsprechend viel Stoff zum Thema hat der Psychologe von der University of Massachusetts zusammengetragen und in kurze und kurzweilige Kapitel gegliedert. Notorische Lügner werden sich in guter Gesellschaft wähnen, wenn sie lesen, dass wir alle geborene Lügner sind und die meisten Täuschungen sozial, also wohlmeinend, sind: Sie dienen dazu, ein Gespräch in Gang zu halten, den Selbstwert des anderen aufzupäppeln oder sich selbst zu profilieren.
Feldman erklärt, warum es uns schwer fällt, Schwindler zu erkennen, und macht uns darauf aufmerksam, dass wir oft gar nichts dagegen haben, angelogen zu werden solange der Schwindel nicht auffliegt. Denn dann wird unser Vertrauen zerstört. Man spürt beim Lesen, wie sehr Feldman, der sein Forscherleben den Lügen gewidmet hat, die Wahrheit schätzt. Nur die sozial wohlmeinenden Lügen lässt er gelten. Zu Recht? Menschen, die sich nichts zu sagen haben, könnten ja auch einfach schweigen.
Bettina Gartner