Die schlechte Nachricht zuerst: Für Lonesome George, Artenschutz-Ikone und Titelheld des Buchs von Lothar Frenz, gab es kein Happy End die Riesenschildkröte starb überraschend am 24. Juni 2012 im Alter von etwa 100 Jahren. Mit ihr verschwand eine ganze Art, denn der einsame George war die letzte Pinta-Riesenschildkröte. Nachwuchs blieb dem Tier, trotz vielfältiger Bemühungen, zeitlebens versagt.
Trotz Georges Tod, den der Biologe und Publizist Lothar Frenz bei der Veröffentlichung nicht ahnen konnte, ist die Schildkröte ein hervorragender Namensgeber für das Werk. Denn durch ihre Prominenz hat erstmals ein Artensterben öffentlich stattgefunden. Gewöhnlich verschwinden Arten sang- und klanglos. Frenz erzählt ihre Geschichten und fahndet dabei nach dem Grund für ihr Verschwinden.
Da ist zum Beispiel Martha, die letzte Wandertaube, die nach ihrem Tod 1914 wie eine Heilige verehrt wurde nachdem man ihre etwa drei Milliarden Artgenossen in den vorangegangenen hundert Jahren gezielt abgeschlachtet hatte. Oder eine kleine Laus, die im Gefieder des kalifornischen Kondors lebte und die aus Versehen ausstarb, während sich Biologen verzweifelt bemühten, ihren Wirt vor dem Verschwinden zu bewahren. Auch Celia, die letzte Vertreterin der Pyrenäensteinböcke, hat eine ungewöhnliche Geschichte: Die Art starb zweimal aus einmal bei Celias Tod und einmal, als ihr neugeborener Klon nach sieben Minuten seinen letzten Atemzug tat.
Frenz erklärt nebenbei, wie das Klonen funktioniert oder wie Darwin auf seine Evolutionstheorie kam. Persönliche Stellungnahmen und Schuldzuweisungen gibt es nicht. Trotzdem ist am Ende des Buchs klar: Es war immer der Mensch, der das Aus für den tollpatschigen Laufvogel Dodo, das nur halb gestreifte Quagga-Zebra, den pinguinartigen Riesenalk und viele andere Tiere bedeutete. Sei es durch übertriebenes Bejagen, Veränderungen des Lebensraums, das Einschleppen fremder Spezies oder Krankheiten oder den fortschreitenden Klimawandel. Kein gutes Gefühl.
Ilka Lehnen-Beyel