Es ist wahrlich ein weites Feld, das Neil deGrasse Tyson in seinem neuen Buch beackert. Dem US-amerikanischen Astrophysiker und Direktor des New Yorker Hayden-Planetariums geht es unter dem Titel „Im Spiegel des Kosmos“ um nichts weniger als um „Perspektiven auf die Menschheit“ oder, wie der Autor gleich im ersten Satz des Vorworts schreibt, um einen „Weckruf an die Zivilisation“. Sein Ausgangspunkt ist die Sichtweise von außen, etwa die von Astronauten oder von Aliens, die unseren Planeten besuchen, der aus der Ferne betrachtet im All nur ein winziger blauer Punkt ist, und die das Treiben seiner intelligenten Bewohner erforschen.
DeGrasse Tyson hat aber nicht nur die kosmische Brille auf, sondern auch die der Wissenschaft. Dieser misst er zu Recht das Potenzial zu, das Verhalten der Natur zu verstehen und die Auswirkungen von Prozessen wie etwa dem Klimawandel präzise vorherzusagen. Dank der beiden geschilderten „Sehhilfen“ entwirft der prominente Forscher sein sehr persönliches Bild der Gesellschaft und packt alle heiklen Themen an, ob Krieg, Politik oder Religion, Wahrheit, Schönheit, Geschlecht oder Rasse.
Das locker und unterhaltsam geschriebene Buch bietet keine fertigen Lösungen, dafür jede Menge wertvolle Denkanstöße. Die Leserin und der Leser fühlen sich in die Überlegungen einbezogen. Und wer sich auf den Perspektivenwechsel einlässt, der wird von der Lektüre profitieren. Helmut Hornung
Neil deGrasse Tyson
Im Spiegel des Kosmos
Klett-Cotta, 336 S., € 25,–
ISBN 978-3-608-98680-8