Stellen Sie sich vor, Sie hätten in jeder Fingerspitze ein eigenes kleines Gehirn. Oder Sie könnten mit bloßen Füßen den Geschmack von Gras, Ampfer und Hirtentäschelkraut auf einer Wiese unterscheiden. Oder einem unliebsamen Nachbarn durch ein Zucken Ihrer Muskeln berührungslos einen elektrischen Schlag verpassen. Dann haben Sie eine kleine Ahnung davon, wie ein Krake seine Umwelt „begreift“, wie manche Insekten ihre Nahrung finden, wie der Zitter-Aal seine Beute lähmt.
Der Wissenschaftsjournalist Ed Yong macht dem Leser mit seinem fantastischen Streifzug durch die Sinneswelt der Tiere klar, dass die Welt, durch unsere Augen gesehen, nur eine von vielen Welten ist, die uns umgeben. Mit technischen Hilfsmitteln – wie Sensoren für Infraschall, Magnetfelder oder Vibrationen – können wir sie nur unvollkommen erschließen.
Yong öffnet immerhin viele kleine Fenster in diese Sinneswelten von Schmetterlingen, Fledermäusen oder in den Geruchskosmos des Hundes. Dabei wechselt er immer wieder elegant zwischen leichtfüßiger Unterhaltung, Laborbesuchen und fundierter Wissensvermittlung. Jürgen Nakott
Ed Yong
DIE ERSTAUNLICHEN SINNE DER TIERE
Kunstmann, 528 S., € 34,—
ISBN 978–3–95614–514–8