Viele Wissenschaftler waren überzeugt, dass es zu einer Pandemie wie Covid-19 kommt, sie wussten nur nicht, wann. Doch die breite Öffentlichkeit und die Politiker haben an ein solches Szenario nicht geglaubt – oder die Gedanken daran beiseitegeschoben.
Mike Pearl, US-amerikanischer Journalist, verfügt nicht über solche gnädigen Verdrängungsmechanismen. Seine Bewältigungsstrategie gegen „eine lähmende Angst vor Dingen, die möglicherweise geschehen werden“: Er sammelt Fakten und befragt Experten, was wäre, wenn aus einem Schreckensszenario Realität würde. Dann schreibt er darüber Artikel für die US-Zeitschrift Vice – und das vorliegende Buch.
Einzelne Kapitel über die Folgen eines globalen Internetzusammenbruchs oder gar eines Atomkrieges lassen keinen Raum für Hoffnungen. Und es ist zu bezweifeln, dass viele Menschen darauf wie Pearl reagieren: Ihn beruhigt es, wenn „Dinge, die beängstigend erscheinen, auch tatsächlich beängstigend sind“. Das gebe ihm das Gefühl, dass zumindest mit ihm alles in Ordnung sei.
Vor jedem Szenario verrät eine kleine Aufstellung, wie Pearl dessen Plausibilität, Bedrohlichkeit und Zeithorizont einschätzt. Das kann sensiblen Lesern helfen, besonders düsteren Stoff auszulassen – und sich harmloseren Aussichten zuzuwenden: etwa dem Ende der britischen Monarchie oder der Erlaubnis von Doping bei Olympia. Es lohnt sich: Fakten, Expertenmeinungen und Pearls persönliche Gedanken sind stets so miteinander verknüpft, dass die Lektüre informativ und kurzweilig ist.
Frank Frick
Mike Pearl
WAS WIRKLICH PASSIERT, WENN …
Piper, 368 S., € 22,–
ISBN 978–3–492–05935–0