Kriege, Revolutionen, Entdeckungen – Historiker konzentrieren sich traditionell auf Greifbares. Sie lieben Daten, Fakten und die Frage, wer wann was getan hat. Doch auch Affekte, Triebe und Leidenschaften können geschichtsträchtig sein. Sie beeinflussen Entscheidungen in Politik und Wirtschaft und verändern sogar ganze Gesellschaften nachhaltig. Historische Ereignisse lösen wiederum starke Emotionen aus, wie traumatische Daten (1914, 1939 oder 9/11) zeigen.
Die Frage, was Menschen in anderen Zeiten gefühlt haben, wie sich diese Gefühle veränderten und welche Auswirkungen das auf den Lauf der Geschichte hatte, ist ein noch relativ junges Forschungsfeld. Jan Plamper ist ein solcher Neuzeithistoriker, der an der University of London arbeitet. In seinem Buch berichtet er eindrucksvoll, wie Angst, Stolz, Rachsucht, Zorn oder Enthusiasmus das Weltgeschehen geprägt haben. Und in einer doppelten Perspektive erfährt der Leser, wie sich diese Gefühle historisch und kulturell wandelten und wie Historiker und Ethnologen verschiedener Zeiten sie beschreiben und interpretieren.
Plamper wirft auch einen Blick auf die Geschichte psychologischer Forschung – nicht ohne seine Kollegen vor leichtfertigen Anleihen bei der modernen Hirnforschung zu warnen. Denn die Erkenntnisse zu den menschlichen Gefühlslagen sind eben manchmal nur vermeintlich objektiv.
Eva Tenzer