Wunderwelten
In den eisigen Tiefen des Südpolarmeeres leben rätselhafte Tiefseegiganten. Kaum ein Mensch hat sie je lebend zu Gesicht bekommen. Doch sie müssen sich dort gar zahlreich tummeln – schließlich sind die Mägen der Pottwale voll von ihren harten Schnäbeln. Damit attackieren, töten und zerkleinern die Koloss-Kalmare ihre Opfer. Große Wesen und rätselhafte Wunder wie diese hält die Welt massenhaft bereit. Dieses großformatige Buch taucht tief in diese Wunderwelten ein. Und sorgt gekonnt dafür, dass wir sie durchdringen, ja am Ende bis ins kleinste verstehen. Doppelseite um Doppelseite, Grafik um Grafik steigen die beiden polnischen Illustratoren Aleksandra Mizielińska und Daniel Mizieliński tief hinab auf den Meeresboden und weiter bis zum Mittelpunkt der Erde. Dabei geht es nicht nur um natürliche Wunder wie Vulkane, Tiefseeschlote oder Höhlen, sondern auch um menschengemachte. Eine Seite widmet sich den Kabeln im Erdreich, eine dem U-Boot und wie es funktioniert. Tunnel, Bergwerke, Bohrinseln breiten sich in riesigen Tableaus vor dem Betrachter aus, kurze Texte erläutern das Gezeichnete in einfachen, verständlichen Worten. Ein Buch für detailverliebte Augen, das klare Köpfe und geöffnete Münder hervorbringt.
Aleksandra Mizielińska, Daniel Mizieliński: Unter der Erde. Tief im Wasser. Moritz Verlag. 112 Seiten, 29,- €, ab 7 Jahren
Grün groß werden
Der Titel schreckt ab: „Green Parenting: Wie man Kinder großzieht, die Welt rettet und dabei nicht verrückt wird.“ Oh nein, schon wieder ein Weltretterbuch! Der Titel suggeriert obendrein, ein Erziehungsratgeber zu sein. Auch davon gibt es viele. Zu viele. Der Klappentext klingt schon besser. Ihm zufolge geht es Kate Blincoe, Umweltwissenschaftlerin und Mutter zweier Kinder, nicht darum, „perfekt zu sein; es geht darum, Dinge auszuprobieren“. Tatsächlich offenbaren die acht Kapitel eine Fülle an Tipps und Tricks, um mit Kindern ein grüneres Leben zu führen. Am besten, ein jeder pickt sich das heraus, was gefällt – sonst droht man nämlich doch verrückt zu werden: eine Anleitung für ein selbstgemachtes Insektenspray, saisonale Rezepte, die auch Kindern schmecken, Energiespartipps, Natur- und Gartenprojekte mit Kindern, ein Kindergeburtstag ohne Müllberge … Gut geeignet zum Stöbern und zum Andersmachen. Nicht geeignet zum Weltretten.
Kate Blincoe: Green Parenting. Wie man Kinder großzieht, die Welt rettet und dabei nicht verrückt wird. Oekom. 224 Seiten, 19,95 €
Tiere auf Wandertour
Süßwasser ist rar, wenn in Indien der Wintermonsun kommt. Das Land trocknet aus, Gräser und Kräuter verdorren. Doch die indische Wanderlibelle ist auf Pfützen angewiesen, um ihre Eier darin abzulegen. Und so geht sie immer wieder auf Reisen. Zum Beispiel fliegt sie in weit über 1000 Metern Höhe zusammen mit anderen Artgenossen über den Indischen Ozean bis auf die Malediven. Aber auch dort wird sie nicht fündig. Das Regenwasser versickert sofort im Boden der ringförmigen Korallenriffe. Also weiter bis nach Madagaskar, wo inzwischen die Regenzeit begonnen hat. Diese und 24 andere Reiseabenteuer von Tieren haben Inga Marie Ramcke und Tonia Wiatrowski in ihrem kunterbunten Reiseführer für Tiere versammelt. Jedes Tier erzählt seine Reise, Schnappschüsse und Texthappen zu Reisewarnungen, Sightseeing oder Kost und Logis begleiten die Routen. Dabei gelingt den Autorinnen, was sie sich vorgenommen haben: ein lustig illustriertes Sachbuch, lehrreich, kreativ und lustbetont.
Inga Marie Ramcke, Tonia Wiatrowski: Reiseführer für Tiere. Folio Verlag. 128 Seiten, 19,90 €, 8 bis 10 Jahre
Stöcklein wandle dich
Fjonni liebt Stöcke. Sie sind Degen, Flieger oder Zauber‧stäbe. Ast ist eben nicht gleich Ast. Er kann einfach alles sein. „Genial!“, findet Kalinka Meesenburg heute – anfangs war sie oft genervt von der Stockliebe ihres sechsjährigen Sohnes, weil die Stecken überall zuhause herumlagen. Nun hat sie ihm ein Buch gewidmet über Stöcke und wie man sie verwandeln kann, in Star-Wars-Lichtschwerter, Waldspinnen, Kronen oder Zoobilder. Manchmal kommt das Buch zwar etwas zu sehr wie ein Modekatalog daher – die abgelichteten Waldkinder erscheinen wie aus dem Ei gepellt, in putzige Kleider teurer Mode-Label gehüllt. Alles proper, kein Dreck. Walderfahrung sieht anders aus. Trotzdem, eine üppige Ideenwerkstatt, eine langerwartete Huldigung des wohl ältesten Kinderspielzeugs der Welt.
Kalinka Meesenburg: Bock auf Stock. Das Naturbastelbuch. EMF. 80 Seiten, 14,99 €, ab 5 Jahren
Hui, Spinne!
Neulich rief die Freundin meiner siebenjährigen Tochter entsetzt aus: „In eurem Bad wohnen zwei Spinnen!“ Die Antwort meines Sprösslings fiel überraschend gelassen aus: „Ist doch gut. Sie fangen Mücken, auch solche, die uns stechen.“ Die Reaktion mütterlicherseits: Triumph. Ach, mein Naturkind! Und Dankbarkeit: Ein Hoch auf Bärbel Oftring und ihre wunderbaren Kindernaturbücher. In ihrem neuesten widmet sich die Biologin nämlich der Spinne und weckt gekonnt die Faszination für das verpönte Krabbeltier. Wie Spinnen ihre Beute fressen, ihr Netz spinnen, wachsen, sehen, sich paaren und warum Spinnenkinder Ballonfahren können, all das erfährt man in diesem in warmen Herbstfarben gehaltenen Buch. Da gehen garantiert auch menschliche Spinnenfeinde ins Netz.
Bärbel Oftring, Isabel Müller: Schau mal, eine Spinne! Gerstenberg. 32 Seiten, 14,95 €, 4 bis 6 Jahre