Niemand weiß so recht, was die Völkerkundler eigentlich treiben, wenn sie mit Menschen zusammenleben, die von der Zivilisation noch weitgehend unbefleckt sind. Denn ihre wissenschaftlichen Ergebnisse verraten nichts über ihren Alltag.
Die amerikanische Schriftstellerin Lily King hat diese Lücke mit einem Roman gefüllt. Sie hat sich dabei von der Ethnologin Margaret Mead inspirieren lassen, die nach einer Forschungsreise 1931 in Neuguinea den Schluss zog, dass die Geschlechterrollen kulturell bedingt seien und nicht genetisch vorgegeben. Mit dieser These, die bis heute umstritten ist, wurde sie weltberühmt.
Schauplatz der Romanhandlung ist – wie bei der realen Forscherin – Neuguinea Anfang der 1930er-Jahre. Lily King stellt eine Liebesgeschichte in den Mittelpunkt, eine Dreiecksbeziehung von Ethnologen. Drei grundverschiedene Charaktere treffen weitab der Zivilisation aufeinander: ein skrupelloser Draufgänger, ein sensibler Zauderer und eine unkonventionelle Erfolgsautorin.
King hat sich tief in das Thema gekniet. Die vielen alltäglichen Geschichten der Feldforschung fließen in den Roman fast nebenbei ein: die Einsamkeit in der Fremde, die Selbstzweifel, die Annehmlichkeiten, die sich Ethnologen in der Wildnis gönnen oder die Schwierigkeit, Vertrauen bei den Einheimischen zu finden. Und nicht zuletzt: die egoistische Plünderung von Kunstschätzen. Das Buch ist nicht nur als Roman ein Lesevergnügen, es besticht auch durch seine Authentizität.