Keiner verkörperte die Verbindung von Kunst und Wissenschaft so gut wie Leonardo da Vinci. Dabei lebte er in einer Zeit, in der die Kunst erblühte, aber in der es die Naturwissenschaft, wie wir sie heute kennen, noch gar nicht gab.
Der Journalist, Historiker und Schriftsteller Walter Isaacson hat in seiner Biografie die Lebensumstände im 15. Jahrhundert lebendig beschrieben. Für seine Zeitgenossen war Leonardo ein bunter Vogel, der gerne auffallende rosa Gewänder trug. Er war unehelich geboren, homosexuell, Vegetarier und liebte fantasievolle Theaterinszenierungen. Im Florenz der frühen Renaissance wurde Leonardo da Vinci zwar zuweilen belächelt, aber man bewunderte ihn auch – so wie die Nerds von heute.
Eine Karriere in Politik, Armee oder Kirche kam für den Außenseiter nicht infrage. So ging er bei einem anerkannten Kunstmaler in die Lehre und galt schnell als äußerst talentiert, wenn auch als wenig zielstrebig. Was ihm fehlte, war die klassische Gelehrsamkeit. Erst spät lernte er Latein. Der Biograf Walter Isaacson sieht das als Vorteil: Statt in den Werken der Philosophen nach Antworten auf seine Fragen zu suchen, führte Leonardo Experimente durch, beobachtete die Natur und sezierte Leichen. Das kam auch seiner Kunst zugute. Der Maler Leonardo wollte verstehen, wie wir sehen, was wir sehen. Wer Biografien mag, wird diese unterhaltsame, gut recherchierte Lebensgeschichte des berühmten Genies genießen. Am 2. Mai ist sein 500. Todestag.
Walter Isaacson
Leonardo da Vinci – Die Biografie
Propyläen, 752 S., € 39,– ISBN 978–3–549–07643–9