Flüsse, Berge oder Wüsten waren früher fast unüberwindliche Hindernisse. Sie trennten Völker und wurden zu Landesgrenzen. Inzwischen haben wir zwar technische Hilfsmittel, um solche Hürden zu überwinden, doch die Geografie spielt im Machtpoker der Nationen nach wie vor eine wichtige Rolle. Denn eine Bergregion wie zum Beispiel Afghanistan lässt sich militärisch weit schwerer kontrollieren als eine weite Ebene.
Der Autor Tim Marshall ist ein renommierter Journalist, der bei seiner politischen Berichterstattung viel in der Welt herumgekommen ist, vor allem in Krisenregionen. Mithilfe von zehn Landkarten spannt er einen Bogen von der Historie zur heutigen Situation, wobei der Schwerpunkt auf der Gegenwart liegt. Was man in den täglichen Nachrichten oft vermisst, die großen Zusammenhänge – hier kann man sie nach – lesen. Zum Beispiel die Auseinandersetzungen in Syrien und im gesamten Nahen Osten: Marshall weist nach, welch großen Einfluss dabei die willkürliche Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg hat, als Engländer und Franzosen keine Rücksicht auf die vorhandenen Strukturen nahmen. Und er belegt, dass auch in Afrika künstlich geschaffene Staaten viel Unfrieden gestiftet haben.
Man kann Marshall vorhalten, dass er die Geografie nur durch die Brille eines Militärstrategen sieht. Doch er gibt damit eine überzeugende Erklärung für die vielen Konflikte, die derzeit weltweit wüten.