Diese lange als bloße Isolierschicht der Nervenzellen verkannte Substanz ist in Wirklichkeit der Schlüssel zur Entstehung von Fähigkeiten. Dabei lüftet Coyle auch das Geheimnis der Familie Brontë, aus der gleich drei große Schriftstellerinnen hervorgegangen sind. Dahinter steckten keineswegs die Gene, wie Coyle versichert. Und der Leser erfährt, weshalb die kleine Karibikinsel Curaçao eine Talentschmiede ist genau wie ein mittelloser russischer Tennisclub mit nur einem Hallenplatz.
Gemäß dem mantraartigen Lernsatz Eine Fähigkeit ist eine Myelinschicht, die sich um einen Schaltkreis legt und auf bestimmte Signale hin wächst nennt Coyle zahlreiche Beispiele, die belegen, dass Talent tatsächlich geschmiedet werden kann. Schon nach wenigen Seiten wird klar, dass das Buch akribisch recherchiert ist und den schwammigen Begriff Talent auf solide wissenschaftliche Füße stellt. Leser, die sich für neurowissenschaftliche und psychologische Forschung interessieren, werden ebenso Freude daran haben wie Fußballbegeisterte, Literaturliebhaber und alle, die schon immer ein Instrument lernen wollten.
Nadine Eckert