Labyrinthe sind eine Herausforderung – sowohl für den Wanderer, der seinen Weg darin finden muss, als auch für den Betrachter. In dem Buch „Die soziale Eroberung der Erde” ist das Labyrinth die irdische Evolution, der Wanderer ist der Mensch, und der Betrachter ist der Autor. Edward Wilson, einer der renommiertesten Soziobiologen unserer Zeit, stellt – auf einem gewaltigen Berg von Wissen stehend – die Frage, wie es überhaupt zu der „Erfolgsgeschichte Mensch” kommen konnte. Welche Hürden in der Evolution mussten genommen werden, dass Homo sapiens im Hier und Jetzt landen konnte? Seine zentrale Aussage: Allein das egoistische Spiel der Gene, die nur den „Erfolg” des Individuums optimieren, taugt nicht als Erklärung. Als zweite evolutionäre Spielregel muss eine Selektion hinzukommen, die altruistisches Gruppenverhalten bevorzugt. Erst aus beidem erwächst die evolutionäre Dynamik. Allen, die an fundamentalen Fragen interessiert sind, sei Wilsons Buch als Wegweiser in diesem Labyrinth der Evolution empfohlen. Intellektueller Genuss ist auf dem spannenden, wenn auch nicht immer leichten Leseweg garantiert.
Jens Simon