“Eine Arznei für das Gedächtnis und die Weisheit” soll der ägyptische Gott Thot die Schrift genannt haben. Martin Kuckenburg stellt das Rezept dazu aus.
Ein Bildband über die Schrift – das wirkt wie ein Widerspruch. Doch dem Leser wird rasch klar, dass Bild und Schrift seit Jahrtausenden in Verbindung stehen. Noch heute verbergen sich Bilder in unserem Alphabet: Wer ein großes A auf die Seite legt, die Spitze nach links, der kann den Rinderkopf im Profil erahnen, aus dem der Buchstabe entstanden ist. “Alpha” kommt von “aleph”, was auf Hebräisch “Rind” heißt.
Kuckenburg gibt Kurzunterricht in indianischen Bilderschriften, entschlüsselt mit dem Leser einfache Keilschrifttafeln, entwirrt die Knotenschrift Altamerikas und verrät das Geheimnis der Runen. Das Buch gibt eine gute Übersicht – buchstäblich: Die großformatigen Abbildungen laden ein, mit dem Finger über die Zeilen einer babylonischen Stele zu fahren, eine illuminierte Bibelseite zu entziffern oder den Namen des Themistokles auf einer Scherbe zu dechiffrieren.
Nebenbei begreift der Leser die Besessenheit derjenigen, die Hieroglyphen und Keilschrift enträtselt haben, und staunt über Schriften der Vergangenheit, die bis heute niemand lesen kann. Der schön gestaltete Band bietet eine eindrucksvolle Mischung aus Liebesgedichten, Beschwerdebriefen, Grabtexten und Rechnungen. Den vorläufigen Endpunkt der Geschichte hält der Leser selbst in der Hand.