„Wenn Sie die letzte Seite (…) erreicht haben, werden Sie immer noch nicht wissen, woraus der größte Teil des materiellen Universums besteht.“ Wer nach diesem offenherzigen Bekenntnis von Govert Schilling sein Buch enttäuscht ins Regal stellt, begeht einen großen Fehler. Denn zwischen diesem Satz aus der Einleitung und dem Ende liegen 400 Seiten einer an Fakten reichen, mitreißend geschriebenen und vergnüglich zu lesenden Wissenschaftsreportage über eines der größten Rätsel der Kosmologie: Woraus bestehen rund 80 Prozent der Materie im Weltall?
In Anlehnung an eine Hindu-Fabel vergleicht Schilling auf originelle Art diese Dunkle Materie mit einem Elefanten, der im Raum steht, aber nicht erkannt wird, und nennt die drei Teile seines Werks „Das Ohr“, „Der Stoßzahn“ und „Der Rüssel“. Für seine Recherchen hat der niederländische Autor und Amateurastronom mit Forschenden gesprochen und diverse Orte besucht, an denen intensiv – aber bisher vergeblich – nach der großen Unbekannten gefahndet wird, etwa im italienischen Untergrundlabor Gran Sasso.
Auch die historische Entwicklung kommt im Buch nicht zu kurz, beginnend mit Jacobus Cornelius Kapteyn, der bereits im Jahr 1922 die Idee veröffentlichte, dass Dunkle Materie existieren müsste. Zwar konnte der kosmische Elefant bis heute nicht dingfest gemacht werden. Doch bei der Lektüre ist man Zeuge eines der aufregendsten Kapitel der Wissenschaft. Helmut Hornung
Govert Schilling
Der Elefant im Universum
Das große Rätsel der Dunklen Materie
Kosmos, 400 S., € 28,–
ISBN 978-3-440-17719-8