Eine junge Geophysikerin, die in Nicaragua forscht, verschwindet plötzlich. Von einer Spritztour mit einem Flugzeug kehrt sie nicht zurück. Eine Freundin begibt sich auf die Spurensuche. Geschickt verknüpft Nina Bußmann die Assoziationen der Freundin zu einem Roman, verwebt Handlungsfetzen zu einer Erzählung, die um die Grenzen der Existenz und die Unwägbarkeiten des Daseins kreist. Immer wieder tauchen Geschichten von Menschen auf, die verschollen sind, ebenso wie Exkursionen in die bizarr anmutende Welt der Geophysik.
Die Verschwundene, Nelly, ist eine Art Universalgenie: Sie erforscht die Zusammensetzung der Erdkruste, Fluide in einer Subduktionszone und magnetische Anomalien in Südamerika. Sie hat für Firmen gearbeitet, die Erdöl in Norwegen oder Mineralien im Kongo suchen. Die Seismologin und Assistenzprofessorin ist immer wieder auf Expeditionen zu Vulkankratern oder Plattengrenzen unterwegs – meist ganz allein.
Nelly hat mit einer echten Wissenschaftlerin wenig gemein. Aber darum geht es Nina Bußmann auch nicht: Die Exaktheit der Wissenschaft der verschwundenen Heldin dient ihr als Kontrast zu den Unschärfen der Wirklichkeit und zum planlosen Vorgehen der Erzählerin. Ihr Roman beschreibt, wie leicht man im Leben auf unsicheres Terrain gerät – und wie man sich dabei selbst verlieren kann. Keine leichte Kost, aber virtuos erzählt.