Was der Mensch den Meeren antut, bleibt den Blicken meist verborgen. Deshalb glauben viele, das sei alles nicht so schlimm – jedenfalls weit harmloser als die Naturzerstörungen an Land. Umso wichtiger ist das Buch des englischen Meeresbiologen Callum Roberts. Obwohl er nicht übertreibt oder dramatisiert, zeichnet er ein erschreckendes Bild: Überfischung, Klimawandel und Abfälle, Lärm, eingeschleppte Arten, Krankheiten und die Ölindustrie setzen den Ozeanen zu. Roberts beleuchtet jeden Aspekt mit vielen Details und enormem Fachwissen. Besonders beeindruckend ist das Kapitel über Plastikabfälle. Der Stoff, den es vor 100 Jahren noch gar nicht gab, verschmutzt heute nicht nur sämtliche Strände, sondern treibt auch überall in den Weltmeeren und wird von unzähligen Organismen aufgenommen. Schildkröten, Robben, Fische, Vögel – alle fressen den unverdaulichen Dreck. 19 von 20 Eissturmvögeln, die tot an die Nordseestrände gespült werden, haben Plastik im Körper. Der erzählerische Schreibstil macht es dem Leser leicht zu folgen. Zudem ist Roberts mit Leib und Seele Meeresbiologe – und von diesem Enthusiasmus profitiert der Text. Das Buch endet mit einem Appell: Roberts plädiert dafür, ein Drittel aller Ozeane unter Schutz zu stellen. Das würde auch der Fischerei nutzen, denn dann hätten die Fischbestände Rückzugsgebiete, um sich zu erholen.
Klaus Jacob