Er war Verhaltensforscher und Umweltaktivist, Nationalsozialist und Rassenkundler: Das Leben des österreichischen Mediziners und Ethologen Konrad Lorenz (1903-1989) enthält helle wie dunkle Kapitel. In ihrer Romanbiografie widmet sich die Journalistin Ilona Jerger sowohl dem wissenschaftlichen Werden und Wirken des Nobelpreisträgers als auch dem Privatmenschen. Mehr Hauptfiguren als Beiwerk: unzählige Tiere, die ihn stets umgaben: ob die berühmte Graugans Martina, Dohlen und Krähen, Ratten, Hunde oder Biber. Eine erschütternde Rolle kam während Lorenz’ russischer Kriegsgefangenschaft den Igeln zu: gegen den Hunger.
Jerger lässt im Roman eine junge Biologin erzählen, die Tierwanderungen untersucht. Sie berichtet vom Einfluss des „Gänsevaters“ auf ihren Lebensweg sowie von aktuellen Forschungen. So schlägt sie eine Brücke ins Hier und Jetzt. „Lorenz“ ist reich an interessanten Fakten und Anekdoten. Denn der Held, der sich zum Ziel gesetzt hatte, der Darwin des 20. Jahrhunderts zu werden, der die Tierpsychologie begründete und zahlreiche Beststeller schrieb, lebte in einer bewegten Zeit. Auftritte berühmter Personen von Bernhard Grzimek bis Martin Heidegger repräsentieren verschiedene Standpunkte. Wie die Autorin Wissenschaft und Zeitgeschichte verständlich wie packend zusammenführt, fasziniert. Wie sie zudem die verschiedenen Seiten ihres Helden, seine Stärken und Schwächen vermittelt, imponiert. Constanze Matthes
Ilona Jerger
Lorenz
Piper, 336 S., € 24,–
ISBN 978-3-492-07253-3