Hier die Naturwissenschaft, dort die Literatur – und dazwischen eine unüberwindbare Kluft? Nein, beide haben sich immer wieder wechselseitig beeinflusst. Dieser Überzeugung ist der Anglist und Schriftsteller Elmar Schenkel und beweist das anhand mannigfaltiger Fallbeispiele sehr überzeugend in seinem neuen Buch. Der Titel “Keplers Dämon” bezieht sich auf das kleine Werk “Der Traum”, in dem der berühmte Astronom eine vielschichtige Erzählung mit der zeitgenössischen Mondforschung verband.
Johannes Kepler ist für Schenkel so etwas wie der Vater der Science-Fiction, und Mary Shelley, die Autorin von “Frankenstein”, ist deren Mutter. Kepler hat “vom Baum der Erkenntnis gegessen – und die Erkenntnis heißt, wir sind nicht allein, es gibt überall Leben im Weltraum”. Shelley hat hingegen „vom Baum des Lebens gegessen”. Schenkels Fazit: „Mit den zwei Bäumen aus dem Paradies lässt sich die gesamte Science- Fiction erfassen.”
Sicher für viele überraschend: Nicht nur in Büchern von Jules Verne, Stanislaw Lem oder Douglas Adams spielt die Wissenschaft eine Schlüsselrolle, sondern sie hat auch Gustave Flaubert, Jorge Luis Borges und Arthur Conan Doyle befruchtet. Was zum Beispiel wäre Sherlock Holmes ohne chemische Kenntnisse? Die Lektüre von Schenkels Buch ist ein literarisches Vergnügen, auch wenn man angesichts der Fülle an Begriffen und Protagonisten ein Register vermisst.