Schöne heutige Welt: Aus Ölmultis werden Solarunternehmen. Lebensmittelkonzerne sind wie NGOs, nur profitabler. Es gibt Runde Tische für nachhaltiges Soja, Rindfleisch, Palmöl. Fast nichts mehr ist nicht nachhaltig – wenn man der Unternehmens-PR und den vielen grünen Siegeln Glauben schenken will. Will man?
“Greenwashing funktioniert auch deshalb so gut”, schreibt die Journalistin Kathrin Hartmann, “weil Angehörige westlicher Konsumgesellschaften gerne hören, dass alles so weitergehen kann wie bisher, ja, dass ihr überbordender Lebensstil selbst es sein könnte, der dafür sorgt, die Welt besser zu machen.”
Das Buch entstand bei der Recherche zum Dokumentarfilm “The Green Lie”, für den die Autorin zusammen mit dem Regisseur Werner Boote hinter die Kulissen der Werbewelt reiste. Zum Beispiel nach Indonesien, wo auf niedergebranntem Regenwald “nachhaltiges” Palmöl für Nuss-Nougat-Cremes und Biosprit wächst. In den US-Staat Louisiana, vor dessen Küste BP die größte Ölpest aller Zeiten verursachte – und seitdem die Schäden zu vertuschen versucht. Zu brasilianischen Riesenfarmen, die indigene Einwohner verdrängten, um Europas Rindfleischhunger zu stillen. Hartmanns Besuche vor Ort, ihre Gespräche mit Wissenschaftlern, Umweltschützern und Menschenrechtlern lassen die schöne Nachhaltigkeitskulisse in sich zusammenfallen. Eine breit recherchierte Infragestellung unserer Konsumgewohnheiten – und ein pointiertes Pamphlet gegen ein zu billig erkauftes grünes Gewissen.
Kathrin Hartmann
Die grüne Lüge
Blessing, 240 S., € 15,–, ISBN 978–3–8966–7609–2
E-Book für € 11,99, ISBN 978–3–641–22001–3