Die Meridian-Expedition dauert sieben Jahre, behindert von Widrigkeiten aller Art: Jakobiner-Terror, Bürgerkrieg, Vandalismus, Über- und Unfällen, Chaos, den Preußen, den Spaniern.
Umso heroischer war das (vergebliche) Ringen der Astronomen um absolute geodätische Präzision, das den einen der beiden, Pierre-François-André Mechain, fast um den Verstand gebracht hätte. Und so erweist sich Ken Alders Das Maß der Welt nicht nur als exzellenter Bericht über eine wissenschaftliche Unternehmung von welthistorischer Bedeutung, sonder auch als tragische Dokumentation nagenden Selbstzweifels, kaum unterdrückter Eitelkeit, offenen Konkurrenzneides, grenzenloser Ruhmsucht, unnachgiebiger Hartnäckigkeit und der ständigen Jagd nach Subventionen ein tiefer Einblick in die Wissenschaftler-Seele.
Der Bericht über die Begründung des metrischen Systems und dessen weitere Geschicke wäre als historischer Roman allein schon ein fulminanter Höhepunkt seines Genres, er ist aber weit mehr nämlich eine äußerst detailfreudige, bis in jede Äußerung seiner Protagonisten exakte Dokumentation. Der amerikanische Wissenschaftsgeschichtler Ken Alder hat die größtenteils unveröffentlichten Unterlagen über die metrische Expedition (1792 bis 1798) sowie umfängliches Material von und über Mechain und dessen Mitstreiter Jean-Baptiste-Joseph Delambre ausgewertet. Was das Streben nach äußerster Präzision betrifft, steht Alder seinen Hauptdarstellern in nichts nach. Umso erstaunlicher sind die Leichtigkeit und sprachliche Eleganz, mit der er den sperrigen Faktenreichtum zur Räson bringt.