Mit dünnen Papierstreifen klebt 1839 die Engländerin Georgiana Molloy die Orchideen, die sie unweit des Swan River in Australien gefunden hat, in ihr Herbarium und ergänzt das hochformatige Blatt mit einer Tuschezeichnung. 175 Jahre später klappen wir „Das Herbarium der Entdecker” auf – und glauben einen Moment, das Original in den Händen zu halten. In voller Größe und brillant fotografiert liegen die getrockneten Pflanzen vor uns. Und daneben lesen wir den Bericht über die strapaziöse Reise, die vor allem einem Ziel diente: der Entdeckung neuer Arten. Wir stoßen auf die pflanzlichen Beutestücke Charles Darwins, die er von den Galapagosinseln mitbrachte. David Livingstone verschlug es zum Flusslauf des Sambesi in Afrika, wo er Mangrovenblätter aufsammelte – und sein Begleiter John Kirk gestaltete bunte Aquarelle dazu: Sie trugen die Informationen, die ein Album voll getrockneten Laubs allein nicht wiedergeben konnte. Frank Kingdon-Ward durchstreifte den Himalaja, Humboldt und Bonpland forschten in Südamerika. Hier sind spannende Entdeckergeschichten mitsamt ihrem historischen Hintergrund versammelt. Und die trockenen Beutestücke liegen plastisch vor uns – als Beweise dafür, dass die Botanikpioniere ihre Abenteuer auch tatsächlich erlebt haben.
Urs Willmann