Joachim Müller-Jung, Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, geht es in seinem Buch vor allem darum, „die unfassbare Vehemenz zu verdeutlichen, mit der die biomedizinische Welle auf die Gesellschaften zurollt”. Damit meint er die jüngsten Fortschritte der Stammzellforschung und der regenerativen Medizin. Müller-Jung fordert, dass die Dimension der sich abzeichnenden medizinischen und gesellschaftlichen Veränderungen „aus dem Verborgenen geholt und ohne Rücksicht auf die vielfältigen Interessen ans Licht gezerrt wird”.
Der Wissenschaftsjournalist und Biologe beschreibt eindrucksvoll, wie nah die Forscher weltweit dem Ziel gekommen sind, den Menschen mittels individuell gezüchteter Ersatzorgane zu reparieren. So versetzen Wissenschaftler im Labor Hautzellen von Parkinson-Kranken zurück in einen embryonalen Zustand. Die Forscher wandeln die entstandenen pluripotenten (wörtlich: „zu vielem mächtigen”) Stammzellen mit der genetischen Ausstattung des jeweiligen Hautzellen-Spenders in Nervenzellen um. An ihnen testen sie dann zum Beispiel, inwieweit Parkinson-Arzneimittel bei einem speziellen Patienten wirken. Anderswo wird bereits aus pluripotenten Stammzellen Herzgewebe gezüchtet, das selbst wie das natürliche Vorbild rhythmisch schlägt.
Wer kein Fachmann ist, hat es an ein paar Stellen schwer, Müller-Jungs sachkundige Berichte aus der Forschung im Detail zu verstehen: einerseits wegen des komplizierten Sachverhalts, andererseits aber auch, weil die Fachbegriffe manchmal nicht erklärt werden und die Erzählstränge stark verwoben sind. Doch wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird nicht nur mit fundiertem Wissen über den aktuellen Stand der Stammzellforschung belohnt. Er bekommt auch einen ausgewogenen und gut durchdachten Ausblick auf die tiefgreifenden gesellschaftlichen Auswirkungen der regenerativen Medizin.