Sie ist so groß wie eine Langspielplatte, wiegt 2050 Gramm – und ist ein Schwergewicht der deutschen Archäologie. Die Himmelsscheibe von Nebra wirft seit ihrer Entdeckung 1999 Fragen auf. Der Archäologe Harald Meller und der Journalist Kai Michel haben die Antworten aus fast 20 Jahren Forschung in ihrem Buch zusammengefasst. Meller ist der Pate der Himmelsscheibe. Als Landesarchäologe Sachsen-Anhalts hat er das Artefakt aus den Händen von Hehlern gerettet. Die aufregenden Ereignisse in Hotelbars und Herrentoiletten machen einen spannenden Teil des Buchs aus.
Die Autoren lenken den Blick auf die Menschen, die die Bronze um 1600 v.Chr. kalt geschmiedet haben und berichten, wie Chemiker, Astronomen, Mediziner, Geologen und Physiker der Scheibe ihre Geheimnisse entlockten. Ihre wichtigste Erkenntnis: Auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt gab es schon damals eine hochentwickelte Kultur, die mit den Hochkulturen in Mesopotamien Handel trieb. Laut den Autoren war diese Aunjetizer-Kultur „das mächtigste Reich“, „die bedeutendste Kultur der mitteleuropäischen Vorzeit“, „das erste staatsähnliche Gebilde Mitteleuropas“, und ihr Herrscher war der „erste König Mitteleuropas“.
Die Bronzezeit würde aber auch ohne dieses grelle Scheinwerferlicht zwischen den Seiten hervorstrahlen. Sie ist eine noch weitgehend unbekannte Schönheit der europäischen Geschichte. Allein deshalb ist das Buch – wie die Himmelsscheibe von Nebra – eine runde Sache.
Harald Meller, Kai Michel
Die Himmelsscheibe von Nebra
Propyläen, 384 S., € 25,– ISBN 978–3–549–07646–0