Genie und Unsympath
Ein fulminanter Auftritt: Blitz und Donner orchestrieren die Geburt des Helden, in lärmerfüllter Dunkelheit, im allergrößten Durcheinander kommt er zur Welt. Das prägt. Extreme Amplituden kennzeichnen den Lebensweg des Gregor Tesla, der sich der Erforschung der Elektrizität verschrieben hat. Er führt den Erfinder des Wechselstroms in die höchsten Höhen der amerikanischen Society, zu sagenhaftem Reichtum und in abgrundtiefe Pleiten. Von weitsichtigen Unternehmern wird Tesla gefeiert, zugleich jedoch verachtet von neidzerfressenen Konkurrenten, die sich hemmungslos seiner Erkenntnisse bedienen. Der Horizont scheint grenzenlos, am Rande tauchen schon Fernbedienung, Roboter, Drohnen, Elektronenmikroskop, Teilchenbeschleuniger und Internet auf. Wir erleben einen begnadeten Ingenieur und spektakulären Illusionisten, einen lausigen Geschäftsmann und Unsympathen sondergleichen. Doch zuletzt verlassen Glück und Mäzene den genialen Visionär. Hilflos seinen Marotten ausgeliefert endet er verarmt, vereinsamt und verwahrlost in einem drittklassigen New Yorker Hotel.
Blitze nennt der französische Schriftsteller Jean Echenoz seinen Roman, der faktisch nahe genug am Leben des historischen Nikola Tesla (1856 bis 1943) angesiedelt ist, um trotz aller dichterischer Freiheiten als dessen Biografie durchgehen zu können.
Hans Schmidt, bdw 06/2013
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