Spitzhörnchen kennen Liebe auf den ersten Blick: Sie belecken sich gegenseitig das Maul, bleiben nah beieinander, und wenn sie ruhen, dann mit Körperkontakt. Und in der Nacht benutzen sie immer dieselbe Schlafkiste. 20 Prozent der Spitzhörnchen kommen in den Genuss einer guten Beziehung und haben in der Folge ein besseres Immunsystem und deutlich weniger Stress. Liebe ist auch für Spitzhörnchen gesund.
Der Biologe Nobert Sachser stellt in seinem Buch die Frage: Wie viel Mensch steckt im Tier? Und wir lesen von lachenden Ratten, von Rumba tanzenden Meerschweinchen, von Mäusen, die eine größere Hirnrinde aufweisen, wenn die Tiere in einer guten Umgebung spielen können, und von Schweinen, die sich genauso anstrengen, nicht allein zu sein, wie um Zugang zu Futter zu bekommen.
Sachser gibt einen Überblick über den Stand der Verhaltensbiologie und referiert anschaulich den jahrzehntelangen erbitterten Streit über die Frage, ob Instinkt oder Lernen das Verhalten stärker prägt. Die aktuelle Wissenschaft offenbart ein komplexes Zusammenspiel, das durch individuelle Tierpersönlichkeiten bereichert wird: Selbst genetisch identische Tiere, die in derselben Umwelt leben, entwickeln unterschiedliche Verhaltensprofile. Wen wundert es da, dass Blattkäfer individuelle Persönlichkeiten aufweisen? Es ist nicht übertrieben, wenn Sachser von einer „Revolution des Tierbildes“ innerhalb weniger Jahre spricht.
Norbert Sachser
Der Mensch im Tier
Rowohlt, 256 S., € 20,– ISBN 978–3–498–06090–9
E-Book für € 16,99, ISBN 978–3–644–04761–7